Werden Roma doch aus NRW vertrieben?

■ Die versprochene dauerhafte Regelung für die Beteiligten am „Bettelmarsch“ ist im Rau-Kabinett heftig umkämpft / Innenminister Schnoor - unter Druck - verlangt: Mehr Grenzkontrollen in DDR

Von Walter Jakobs

Düsseldorf (taz) - Das versprochene Bleiberecht für langjährig in NRW lebende Roma ist gefährdet. Infolge des sogenannten „Bettelmarsches“ war den Roma, die schon vor dem 12. 1. 90 in NRW lebten, vom Düsseldorfer Innenministerium unter bestimmten Bedingungen eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis - unabhängig vom Asylverfahren - in Aussicht gestellt worden. Im Vertrauen auf dieses Versprechen hatten die Roma den Marsch abgebrochen. Der entsprechende Kabinettsentwurf, mit dem das Bleiberecht administrativ umgesetzt werden sollte, stieß in der vergangenen Woche innerhalb der Regierung aber auf so massive Kritik, daß er von der Kabinettstagesordnung verschwand. Am gestrigen Dienstag wurde im Kabinettsausschuß an einer kompromißfähigen Lösung gearbeitet. Ergebnisse lagen bei Redaktionsschluß noch nicht vor.

Der vehementeste Widerstand gegen den Schnoor-Vorschlag kommt von Arbeitsminister Hermann Heinmann. Der hält, so verlautete am Dienstag aus seinem Ministerium, die Umsetzung des vorgeschlagenen Bleiberechts „zum gegenwärtigen Zeitpunkt für außerordentlich falsch“, weil dadurch “ falsche Signale“ gesetzt würden. Schon jetzt sei unter den Roma aus den osteuropäischen Ländern von der „Oase NRW“ die Rede. Eine Umsetzung des Schnoor-Entwurfs werde auf die Wanderung von Roma aus Rumänien und Jugoslawien in Richtung NRW wie ein Sog wirken. Tatsächlich werden die nach dem 12. Januar in NRW eintreffenden Roma von der „Altfallregelung“ aber nicht erfaßt. In einer Pressemitteilung des Innenministeriums vom Dienstag wird die Zahl der Anspruchsberechtigten auf rund 1.000 Personen beziffert. „Alle anderen Roma müssen das Land verlassen“.

Der mächtig unter Druck geratene Schnoor forderte am Dienstag zugleich „eine Verschärfung der Grenzkontrollen an der DDR-Außengrenze“ und die Zurückweisung der „unberechtigt einreisenden rumänischen Roma“. Den „wirklich politisch Verfolgten“ müsse aber auch in Zukunft Asyl „in einem rechtsstaatlichen Verfahren“ gewährt werden. Dieses Verfahren will die NRW-Landeregierung allerdings erheblich verschärfen. Wie Justizminister Rolf Krumsiek mitteilte, will NRW eine Bundesratsinitiative starten, um „künftig obligatorisch den Einzelrichter in allen asylgerichtlichen Verfahren in der ersten Instanz entscheiden zu lassen“. Dabei soll dem Einzelrichter auch die Möglichkeit gegeben werden, „offensichtlich unzulässige oder offensichtlich unbegründete Asylklagen unanfechtbar abzuweisen“.