: Sportboykott muß bleiben!
■ Ohne grundsätzliche Veränderungen im südafrikanischen Rassistenstaat soll auch der Sport nicht weich werden / Neue Idee: einzelne nicht-rassistische Verbände unterstützen
Von Birgit Morgenrath
Stockholm (taz) - Der Sportboykott gegenüber Südafrika muß nicht nur beibehalten, sondern sogar intensiviert werden. Das war einhellige Meinung unter den 190 Teilnehmern der „Vierten Internationalen Konferenz gegen die Apartheid im Sport“ Ende vergangener Woche in Stockholm.
Vier Tage lang hatten Delegierte von nationalen und internationalen Sportorganisationen, Regierungsvertreter und Mitglieder der Anti-Apartheidbewegung aus fast 40 Ländern über die Fortsetzung des Sportboykotts gegen Südafrika debattiert. Der Deutsche Sportbund allerdings hielt es nicht für nötig, der Einladung zu folgen. Die Bundesrepublik war lediglich durch ein Vorstandsmitglied der Anti-Apartheid -Bewegung vertreten.
Antonio Samaranch, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), überraschte zwar die Konferenz mit seiner Vermutung, Südafrika sei sicher 1996 wieder bei den Olympischen Spielen vertreten. Aber auch der Welt oberster Sportfunktionär betonte, diese Entscheidung hätten letztlich die afrikanischen Länder zu treffen - nicht die Asiens, Amerikas oder Europas. Der Apartheidstaat soll so lange sportlich isoliert bleiben, bis die „wahren Vertreter“ des südafrikanischen Volkes die Schritte zur Abschaffung der Apartheid für „tiefgreifend“ und „unumkehrbar“ halten, heißt es in der Abschlußerklärung von Stockholm.
Im November werden sich daher in der sambischen Hauptstadt Harare die afrikansischen Sportverbände treffen, um ihre Haltung zu den Kriterien für eine Aufhebung des Sportboykotts und eine südafrikanische Olympiateilnahme festzulegen.
„Die Lage in Südafrika ist weit von dem entfernt, was wir verlangen, und einen echten Gesinnungswandel des Rassistenregimes hat es nicht gegeben“, sagte Mluleki George, der Präsident des nichtrassistischen Nationalen Sportrates Südafrika (NSC). Dieser Verband, der sich als Teil der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika versteht, will alle bis heute nach Hautfarbe getrennten Sportverbände zusammenschließen.
Rassentrennung im Sport heißt derzeit immer noch: zahlreiche gut ausgestattete Rugby-, Fußball-, Tennis- oder Golfanlagen in den weißen Wohnvierteln - sandige, kaum erkennbare „Sportplätze“ mit Behelfs-„Toren“ in den schwarzen Vorstadtghettos, 30mal mehr Geld für den Sportunterricht eines weißen Kindes, systematische Benachteiligung schwarzer Spitzensportler.
Diese extremen Diskriminierungen führten schon 1970 zum Ausschluß Südafrikas aus dem Internationalen Olympischen Komitee. Auch die meisten internationalen Sportverbände schlossen sich nach und nach dem Sportboykott an. Seit den 70er Jahren ist Südafrika deshalb vom internationalen Sport fast vollständig isoliert.
Seitdem versucht der Apartheidstaat immer wieder, auf diesem für die sportbegeisterte weiße „Nation“ und fürs südafrikanische Image höchst empfindlichen Gebiet Terrain zu gewinnen: bis hin zu abstrusen Versuchen, die Apartheid zu verschleiern, etwa indem das „Gesetz über getrennte Wohngebiete“ für Schwarz und Weiß für die „Dauer einer sportlichen Veranstaltung“ ausgesetzt wurde, oder indem man einzelene schwarze Alibi-Sportler in weißen Verbänden zuließ.
Erst in jüngster Zeit sind einige der privilegierten weißen Sportverbände bereit, zusammmen mit den schwarzen und Anti -Apartheid-Verbänden einheitliche Fachorganisationen zu gründen. Mluleki George jedoch hält den großen Drang der Weißen, wieder in die internationalen Sportarenen einzuziehen, für das Hauptmotiv des Entgegenkommens.
Ein Grund mehr dafür, daß alle Redner der Stockholmer Konferenz - auch Samaranch! - eine teilweise Aufhebung des Boykotts etwa in einzelnen Sportarten, klar ablehnten. Einige europäische Länder, auch die Bundesrepublik, sollen solche Überlegungen angestellt haben. „Diesen Vorschlag, das Apartheidregime 'belohnen‘ zu müssen, halten wir für einen Affront gegen die unterdrückte Mehrheit“, heißt es in der Abschlußerklärung.
Sam Ramsamy, Vorsitzender des Südafrikanischen nicht -rassistischen Olympischen Komitees (SANROC), seit 18 Jahren in London im Exil, forderte vielmehr, die nicht -rassistischen Verbände Südafrikas schon jetzt verstärkt materiell und finanziell zu unterstützen. Das Gastgeberland Schweden, neben anderen skandinavischen Ländern, Kanada und Australien seit vielen Jahren beispielhaft im Sportboykott, zeigt sich auch hier einmal mehr vorbildlich: ein Programm zur Förderung des nicht-rassistischen Tennis- und Tischtennissports wurde angekündigt.
Der bundesdeutsche Tennisbund tut sich durch das Gegenteil hervor: Auf der schwarzen Liste der Vereinten Nationen war unter den 41 bundesdeutschen Boykottbrechern der vergangenen Jahre fast die gesamte Tennis-Elite.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen