Requiem für das Mansfelder Land

Ein Jubilar ohne Jubiläumsfeier/ Das Ende einer 800jährigen Tradition war abzusehen, kam aber unverhofft fünf Jahre früher/ Das Mansfelder Land krankt an der Kupfer-Monokultur  ■ Von Klaus Blume

Eisleben (dpa/taz) — Fast hätte es noch zum 800jährigen Jubiläum gelangt, das Aus für den Bergbau im Mansfelder Revier ist jedoch endgültig. Am Montag mittag ist in der Kupferrohhütte Helbra der letzte Abstich über die Bühne gegangen.

Das Begräbnis für den Jubilar war vorprogrammiert, das abrupte Ende kam jedoch fünf Jahre eher als vorgesehen. Schon mit dem 13. August (ein Montag) standen nur noch drei Öfen der Helbraer Hütte unter Feuer. Die Belegschaft von ehemals 1.157 Metallurgen wird bis Januar 1991 auf 375 schrumpfen.

Seit 1199 wurde im Mansfelder Land bei Eisleben, Bezirk Halle, Kupfer abgebaut. Die riesigen Abraumhalden, die wie Pyramiden in den Himmel ragen, haben der Landschaft ihr eigenes Gepräge gegeben. Währungsunion und Wiedervereinigung haben dem Mansfelder Bergbau, in dem schon der Vater des Reformators Martin Luther sein Geld verdiente, den vorzeitigen Todesstoß versetzt.

In den Lagerstätten von Sangerhausen und Niederröblingen sowie in der Rohkupferverhüttung werden zum 30. September 3.500 Beschäftigte entlassen. Aus Kostengründen wurde die Erzförderung aber schon Mitte August eingestellt, der Großteil der Belegschaft wurde in den Jahresurlaub geschickt. Ins Werk werden die meisten nicht mehr zurückkehren. Nach ihrer Entlassung erhalten die Mitarbeiter eine Abfindung von durchschnittlich 15.000 DM. Rund 1.000 Arbeiter werden für die nötigen Absicherungsarbeiten in den Schächten auf einige Zeit weiterbeschäftigt.

Das Aus war aber für niemanden all zu überraschend gekommen. Bereits seit 1921 staatlich bezuschußt, verschlang der Kupferbergbau zuletzt 25 Millionen Mark an Subventionen pro Jahr. Schon die SED-Regierung hatte Anfang 1989 beschlossen, ihn mangels Rentabilität einzustellen — jedoch erst zur Mitte der 90er Jahre.

Nach der Wende ging dann alles schneller: Die Firmenleitung schlug vor, noch bis Ende 1992 weiterzumachen, doch Ost-Berlin entschied am 22. Juni, die Produktion zum 30. September einzustellen. Weil sie mit dem Ende ohnehin gerechnet hatten und zu einer großzügigen Abfindungsregelung gelangt waren, gingen die Mansfelder Bergleute anders als ihre Kumpel im thüringischen Kali-Bergbau nicht auf die Barrikaden.

Doch ihre beruflichen Perspektiven sind in der Region düster. „Es ist sehr kompliziert, hier Arbeit zu finden“, sagt der Geschäftsführer der Mansfelder Kupferbergbau GmbH, Gerhard Knitzschke, denn das Kupfer hat im Mansfelder Land eine industrielle Monokultur entstehen lassen. Die jungen Leute werden sich wohl in Westdeutschland Arbeit suchen. Von der Bergbautradition werden dann nur noch die Museen künden. „In die Geschichtsschreibung wird eingehen, daß es hier Bergbau gegeben hat von 1199 bis zum 30. September 1990“, sagt Knitzschke.