piwik no script img

„Azubis sind unheimlich motiviert“

■ Solidarität mit Corinto: KFZ-Ausbildungswerkstatt in Betrieb

Seit Februar werden in Bremens nicaraguanischer Partnerstadt Corinto acht Jugendliche als KFZ-Mechaniker und KFZ- Elektriker ausgebildet. Die Kosten der Werkstatt und des Unterrichts haben die Städtepartnerschafts-Initiativen in Bremen und Köln übernommen. Zur Zeit ist einer der beiden KFZ-Meister zur weiteren Planung in Bremen.

taz: Jetzt habt Ihr das erste halbe Jahr Ausbildung hinter Euch. Sind die acht Lehrlinge motiviert?

Fritz Huber: Ja, die sind unheimlich stark motiviert. Die haben uns ständig bedrängt, wann es losgeht mit dem theoretischen und praktischen Unterricht.

Die Lehrlinge gehen davon aus, daß sie anschließend übernommen werden oder woanders einen Job finden?

Über eine Übernahme haben wir konkret noch nicht gesprochen. Die Leute denken sowieso meist gar nicht soweit. Wir sind aber eingerannt worden, hatten 60 Bewerbungen vorliegen. Die kamen alle mit den Eltern an, die gebettelt haben, nehmt doch unseren Jungen, daß er uns dann wirtschaftlich hilft.

Das ist ja auch tatsächlich so: Wenn du erstmal eine Ausbildung hast, dann kannst du auch übernommen werden, zum Beispiel im Hafen. Wir sind die einzige Ausbildungswerkstatt in Corinto.

Und Ihr repariert tatsächlich schon Autos?

Mitte Mai ging das mit kleinen Reparaturen los. Mittlerweile ist es soviel, daß wir schon alle LKWs der Stadtverwaltung reparieren und warten. Die meisten davon sind Solidaritäts-Geschenke aus Deutschland. Damit sind wir noch lange nicht ausgelastet, aber so fängt es an. Die Stadtverwaltung bezahlt auch dafür.

Ist es vorgesehen, daß Ihr irgendwann einmal vom Werkstattbetrieb allein leben könnt?

Der Reparaturbetrieb soll sich ab dem nächsten Jahr selbst tragen. Aber der Ausbildungsbetrieb — dadurch daß wir acht Azubis haben, für die wir auch noch die theoretische Ausbildung machen müssen — wird nur mit Weiterfinanzierung aus dem Ausland funktionieren.

Aus Nicaraguas eigenen Quellen ist da nichts in Sicht?

Nein, woher auch? Allerdings ist es gar nicht so viel Geld, das für die Ausbildung gebraucht wird. Der Bremer Verein Städtesolidarität bemüht sich zur Zeit auch um eine Finanzierung bei der EG in Brüssel.

Im letzten Jahr gab es einen Konflikt zwischen dem Projekt und der Stadt Corinto um die Trägerschaft der Werkstatt. Der alte FSLN-Bürgermeister sah sie quasi als städtischen Betrieb.

Seit der verlorenen Wahl hat das Projekt keine vertragliche Beziehung mehr mit der Stadtverwaltung, sondern ist ein selbständiges Entwicklungshilfeprojekt in Zusammenarbeit mit einer Nichtregierungs-Organisation. Dort arbeitet Corintos früherer Bürgermeister Garache mit.

Woher bezieht Ihr die Ersatzteile für die Werkstatt?

Das ist ein großes Problem. Einen Teil bekommen wir in Chinandega, einen Teil in Leon. Was man dort nicht kriegt, muß in Managua besorgt werden. Das ist ein großer Aufwand für uns. Und selbst dort gibt es nicht alles. Viele Sachen müssen erst über Händler aus dem Ausland bezogen werden.

Direkter Einkauf im Ausland kommt für Euch nicht in Frage?

Ein direkter Großeinkauf im Ausland wäre gut, aber dafür fehlt uns das Geld.

Gab es im Juli bei Euch im Projekt Diskussionen, sich dem Generalstreik anzuschließen?

Nein, wir waren ja in keiner Weise bedroht. Unsere Löhne und Arbeitsplätze sind garantiert. Zur Zeit sind wir dabei, mit Werbung für unser Projekt an die Öffentlichkeit zu gehen. Dabei soll auch diese Selbstverwaltungs- Struktur bekannter werden. Fragen: Dirk Asendorpf

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen