Einladen lassen?

■ Von der Pinnwand der taz-KorrespondentInnen

Gemeinhin ist der Italienkorrespondent, gleich welcher Zeitung, im Herbst vor allem zweierlei gewohnt: die Wiederaufnahme der politischen Aktivitäten, zwangsweise mit einer Regierungskrise oder jedenfalls mit Gerüchten über Neuwahlen verknüpft; und bündelweise Einladungen zu den herbstlichen Ernte-, Lese- und Produktionsdankfesten. Da kann man jungen Wein und eingemachte Auberginen, Olivenöl und Süßspeisen konsumieren, was der Gürtel hält. Seit einigen Jahren kommt ein weiterer Aspekt dazu: Immer mehr Gemeinden fühlen die Notwendigkeit, auch darauf aufmerksam zu machen, daß der Ort allerhand zu bieten hätte, wenn — ja, wenn nur Fremde kämen, die Quartier nehmen: Touristen also.

Das sizilianische Milena und Castagneto in der Toskana, Paestum südlich von Neapel und das umbrische Bagnoregio laden — die Fremdenverkehrsämter wissen, daß selbst der kleinste Hinweis in der Presse nutzen kann — zu einem schönen Extra-Festchen ein, mit Übernachtung selbstverständlich und auch die Frau Gemahlin ist willkommen.

Das Problem besteht darin, hinzugehen — und sich dennoch der Umarmung zu entziehen. Viele der Feste sind seit Jahren ein Festpunkt der Pinnwand; doch zunehmend sieht sich der Journalist großen fragenden Augen ausgesetzt: Wirst du auch was Feines über uns schreiben? Augen, die sich zum Entsetzen weiten, wenn man, wie der taz-Korrespondent, prinzipiell weder kostenlose Verpflegung noch Logis annimmt: „Der will selbst zahlen“, bangte der Hoteliersverbandspräsident von Elba nach einer Veranstaltung, „der haut uns sicher in die Pfanne.“ Daß sich einer beim Schreiben nur frei fühlt, wenn er nichts geschenkt bekommt, ist offenbar schwer zu verstehen. So sinkt in diesem Jahr die Zahl besuchter Feste ganz erheblich.

Vom medizinischen Standpunkt aus ist das wahrscheinlich nicht schlecht. Die im Frühjahr heruntergespeckten 18 Kilo Lebendgewicht müssen ja nicht unbedingt wieder drauf. Werner Raith