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Steuererhöhung rückt näher

■ Die Unionsspitze räumt Möglichkeit von Steuererhöhungen ein/ Späth: Zur Not höhere Verbrauchssteuern/ Lafontaine für Ergänzungsabgabe bei höheren Einkommen

Bonn/Stuttgart (dpa/adn/ap) — In der Union werden Steuererhöhungen unter dem Zwang von Milliardenkosten nach der Vereinigung und internationaler Verpflichtungen offenbar nicht mehr völlig ausgeschlossen.

CDU-Generalsekretär Volker Rühe betonte am Montag nach Beratungen des Bundesvorstandes seiner Partei unter Leitung von Bundeskanzler Helmut Kohl, daß Sparen und Umschichten der staatlichen Mittel „im Vordergrund stehen sollen“. Zum Thema Steuererhöhungen sagte er „wir streben das nicht an, wir schlagen das nicht vor“.

Auf der Grundlage einer „ungeschminkten Eröffnungsbilanz“ nach dem 3.Oktober müßten die politischen Entscheidungen getroffen werden.

Es gäbe Kosten, die völlig unkalkulierbar seien. Als Beispiel nannte er die Stillegung älterer DDR-Atomreaktoren, die erhebliche Mängel aufweisen.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) schließt Steuererhöhungen zur Finanzierung der deutschen Einheit nicht aus, solange die Kosten von der Bundesregierung nicht exakt beziffert worden sind. Er sei zuallerletzt ein Anhänger höherer Steuern, räumte er am Montag gegenüber Journalisten aus der DDR ein. Jedoch komme die Vereinigung Deutschland wesentlich teurer, als „alle vorher geschätzt haben“. Bevor jedoch Steuern erhöht würden, wofür nach Ansicht Späths nur die Verbrauchssteuern in Frage kämen und nicht eine Beschneidung derer, von denen jetzt im Osten Deutschlands vermehrte Investitionen erwartet würden, gelte es, alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Der Ministerpräsident nannte Einsparungen der für die frühere deutsche Teilung eingeplanten Mittel sowie beim Militär- und Personalhaushalt. Schließlich müßten die Einheitskosten über Kreditaufnahmen in vernünftigem Ausmaße finanziert werden. Reiche all das zusammen nicht aus, „bleibt nur eine Wahl, die Steuern zu erhöhen“.

Der SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine bleibt dabei, daß es bei der Finanzierung der deutschen Vereinigung zu Steuererhöhungen keine realistische Alternative gibt. Er warnte davor, die Ausgaben von mehr als 100 Mark zur Bewältigung der Probleme in der DDR mit Krediten zu finanzieren. Damit würden auch die Zinsen in astronomische Höhen katapultiert. Niemand werde dann das Risiko einer wirtschaftlichen Investition eingehen.

Lafontaine plädierte für eine Ergänzungsabgabe auf höhere Einkommen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer würde alle treffen, auch die Menschen in der heutigen DDR.

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