Es muß nicht immer Le Carré sein!

■ Mit den Clowns kamen die Tränen, ARD, 23., 26. und 29.9., jeweils 20.15 Uhr

Zufriedenheit. Eindeutiger geht es nicht mehr. Johannes Mario Simmel ist mit der Fernseh-Adaption seines Romans Mit den Clowns kamen die Tränen nicht nur einverstanden, sondern von der Umsetzung regelrecht begeistert. Zum „ersten Mal“ fühle er sich und seinen Roman in besten Händen. In denen von Reinhard Hauff. Daß es dem WDR gelungen ist, den Kinoroutinier Hauff (Messer im Kopf, Stammheim) mit dem Bestseller-Automaten Simmel zusammenzubringen, ist ungewöhnlich, vor allem aber klug. So ist nämlich damit zu rechnen, daß neben den Mütterchen, die vor Jahren schon beim Anblick O.W.Fischers in Es muß nicht immer Kavier sein dahingeschmolzen sind, nun auch diejenigen für drei Folgen in den Fernsehsessel sinken werden, die Hauff als Regisseur gesellschaftskritischer Filme schätzen.

Simmel hat mit seiner Orientierung hin zu brisanteren Stoffen ohnehin eine Auseinandersetzung mit ihm erleichtert. Die plötzliche Ehrfurcht des Feuilletons vor Simmels letztem Roman hat ihn wohl endgültig gesellschaftsfähig gemacht. Und Sunnyi Melles als Darstellerin der mutigen Journalistin Norma Desmond garantiert, daß aus dem Neun-Millionen- Projekt eine absolut kalkulierbare Nummer wird — Unterhaltung für viele, fürs Herz, für die Einschaltquote. Einbruchsicher. Nach allen Seiten, denn Schauplätze in Nizza und auf der Insel Jersey sowie Co- Produzenten aus halb Europa mit entsprechenden Besetzungswünschen sorgen für die optimalen Startbedingungen auf allen Kanälen.

Natürlich — zum Glück — erzählt Hauff die Geschichte über die Unkontrollierbarkeit der Gentechnik und die Verantwortung des Wissenschaftlers für Gebrauch und Mißbrauch einer Forschung nicht buchstabengetreu. Simmels dramaturgisches Korsett einer Traumgeschichte ließ sich filmisch schlecht umsetzen, neben Straffungen behielt sich Hauff auch vor, einige Romanfiguren in seinem Sinne zu verändern, um differenziertere Charaktere etablieren zu können.

Hauff gelingt es so, Simmels machmal zu moralischen Anspruch, die Gentechnik als die Menschheitssünde schlechthin zu geießeln, sachlicher zu inszenieren. Dabei steht dem Regisseur allerdings die Technik des Schriftstellers, Spannung mit Faktenreichtum zu koppeln, oft im Wege. Ohne die Informationen über die Gefahren der Genmanipulation würden Rahmenhandlung und Figuren blaß und zusammenhanglos wirken; im Film jedoch bremst die Botschaft häufig den Gang der Geschichte. Da muß schon mal eine langgezogene Autofahrt herhalten, damit Sunnyi Melles über die Risken und die militärische Nutzung der Biotechnologie philosophieren kann.

Natürlich ist es immer ein Balance-Akt, ein kompliziertes Thema spannend umzusetzen. In weiten Teilen ist Hauff dies gelungen. Und über die Durststrecken wird ihn das dreifach gespannte Netz aus Prominenz, Euro-Verknüpfungen und Simmel- Bonus vor dem Absturz retten. Christof Boy