: Gorleben-Fässer gestoppt
Völlig überraschend verweigert das Gewerbeaufsichtsamt in Duisburg die Überführung von Atommüll aus Gorleben/ Eine Verwechslung mit den Mol-Fässern ist offenbar nicht auszuschließen ■ Von Gerd Rosenkranz
Berlin (taz) — Der Transport Hunderter von Atommüllfässern aus dem Zwischenlager Gorleben nach Duisburg-Wanheim liegt überraschend auf Eis. Das Gewerbeaufsichtsamt in der Revierstadt untersagte der in Essen ansässigen Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) am Montagnachmittag, die angerotteten Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Inhalt anzunehmen und in Duisburg „umzukonditionieren“. Damit reagierten die Gewerbeaufseher offenbar auf Unsicherheiten, die in den letzten Wochen über den Inhalt der anzuliefernden Fässer entstanden waren (s. taz von gestern).
Der Leiter des Duisburger Amtes, Erwin Krusenbaum, begründete seine Verfügung mit unvollständigen Unterlagen der GNS. Gegenüber der taz meinte Krusenbaum, die Essener Atommüllfirma habe bisher den Nachweis nicht erbracht, daß bei den Gorleben-Fässern die in der sogenannten Umgangsgenehmigung enthaltenen Vorschriften erfüllt seien. Anti-AKW-Bürgerinitiativen in Duisburg und Gorleben hatten in den vergangenen Wochen kritisiert, daß die ebenfalls im Gorlebener Faßlager abgestellten sogenannten „Mol-Fässer“ nicht zweifelsfrei aussortiert werden könnten. In diesen Fässern unbekannten Inhalts werden auch geringe Mengen von Kernbrennstoffen, wie Plutonium oder Uran, vermutet. Solche Fässer darf die GNS jedoch nicht behandeln.
Die Essener Atomiker können nun entweder versuchen, die amtlichen Aufseher mit zusätzlichen Unterlagen von der Harmlosigkeit der Atommüllfässer zu überzeugen oder gleich vor dem Verwaltungsgericht gegen die Verfügung klagen. Von der GNS war eine Stellungnahme gestern nicht zu erhalten. Geschäftsführer Baatz befinde sich „zu auswärtigen Terminen unterwegs“, hieß es, und zwar die ganze Woche.
Peinlich ist die Entscheidung der Duisburger Beamten vor allem für das rot-grüne Umweltministerium in Hannover. Zwar hatte Ministerin Monika Griefahn veranlaßt, daß die „Mol-Fässer“ nicht nach Duisburg, sondern zu weiteren Untersuchungen in die Kernforschungszentren in Jülich und Karlsruhe geschickt werden; die Schwierigkeit, die brisanten Behälter aus der insgesamt 1.290 Fässer umfassenden Charge zweifelsfrei herauszufinden, war aber im Ministerium offenbar übersehen worden. Griefhahn-Sprecher Ortwin Peithmann nannte es gestern „sinnvoll, daß mögliche Prüfungsdefizite ausgeräumt werden“. Nach der Duisburger Entscheidung müsse die Prüfmethode neu bewertet und im Hause eine „Meinung entwickelt“ werden.
Zuletzt Anfang August hatte die „Bürgerinitiative gegen radioaktive Verseuchung“ in Duisburg die zuständigen Behörden und Lokalpolitiker aller Parteien aufgefordert, die „illegale Annahme der Fässer zu verhindern“. BI-Aktivistin Eva Steger reagierte gestern begeistert auf die vom Gewerbeaufsichtsamt verordnete Atempause. Allerdings könne man sich nicht vorstellen, daß damit „der ganze Spuk endgültig zu Ende“ sei.
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