: Goldener Becher
■ Zum Beispiel Li Ning: Kommerz erobert Chinas Sport
Peking (dpa) — Fast täglich ist Li Ning im staatlichen chinesischen Fernsehen zu bewundern. Seine überaus elegante Seitpferd-Übung vollführt er jedoch nicht im Rahmen der Asien-Spiele. Sie ist vielmehr Teil einer Werbekampagne der Getränkefirma Jianlibao, mit der das Unternehmen dem 1,1-Milliarden- Volk der Chinesen Fruchtsäfte anpreist. So ganz nebenbei wirbt Li Ning auch noch für Sportkleidung.
Li Ning ist ein Paradebeispiel für den Leistungssport in China. Innerhalb des letzten Jahrzehnts hat es, vom Ausland nur wenig wahrgenommen, eine starke Wendung weg vom ideologisch bestimmten Sport hin zur Kommerzialisierung gegeben. In dieser Zeit stieg Li Ning auf zum dreifachen Goldmedaillen-Gewinner der Los Angeles-Olympiade, was ihm allein Prämien in Höhe von etwa 90.000 Mark einbrachte — der Durchschnittsverdienst im Land liegt bei 70 Mark.
Zusammen mit dem mehrfachen Tischtennis-Weltmeister Jiang Jialiang, der sich kürzlich in Kanton für 200.000 Dollar eine Villa gekauft hat, zählt Li Ning zu den populärsten Sportlern im Reich der Mitte. Selbst der Weltmeister im Badminton, Yang Yang, ist in jungen Jahren schon wohlhabend.
Prämien für sportliche Erfolge zahlt die Pekinger Regierung, olympisches Gold in Los Angeles und Seoul war ihr etwa 10.000 Mark wert. Prämien geben aber auch die Provinz, der Bezirk, der Kreis und der jeweilige Arbeitsbereich, zum Teil in Form von Wohnungen, Autos, Fernseher. Dazu kommen Sponsorengaben. So spendierte der Fruchtsafthersteller Jianliboa jedem Olympiasieger einen goldenen Becher im Werte von 10.000 Mark. Und ein gewisser Henry Fok legte für jeden Goldmedaillen-Gewinner noch einmal 20.000 Mark drauf.
Dieser Henry Fok, ein Hongkong-Chinese, der seinen Milliarden-Reichtum unter anderem durch seine Spielbanken in Macao verdiente, ist zum größten Sponsor des China-Sports aufgestiegen. Rund 220 Millionen Mark hat er bisher für ihn ausgegeben. 20 Millionen davon flossen in die supermoderne Pekinger Schwimmhalle Ying Dung, die auch noch im Jahr 2000 der Weltelite zur olympischen Medaillenjagd dienen soll. Besonders gut verdienen die populärsten Fußballspieler. So steckt eine Pharmafabrik jährlich 300.000 Mark in die Mannschaft der Provinz Liaoning, dem chinesischen Meister der Jahre 1984 bis 1988.
Der Vizepräsident des Pekinger Sportverbandes, Zhang Lihua, klagt: „Früher haben wir für unser Vaterland und den Sozialismus gekämpft. Jetzt wird nach Geld gefragt. Jeder möchte den bequemsten Weg gehen.“
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