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Namibia-Hilfe landet in Südafrika

Stockholmer Namibia-Konferenz: Pretoria fordert die Kosten für die Besetzung als Kredit zurück  ■ Aus Stockholm Reinhard Wolff

Ein Großteil der internationalen Entwicklungshilfeleistungen für das unabhängige Namibia landet in Südafrika. Diese Tatsache stieß auf einer soeben beendeten Namibia-Konferenz von Entwicklungshilfeexperten in Stockholm auf heftige Kritik. Trotz seiner am 12. März erlangten Selbständigkeit verfügt das Land noch für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren über keine eigene Währung: Es ist dem Währungssystem des Besatzers Südafrika angeschlossen. „Zumindest solange wird Südafrika bei den internationalen Entwicklungshilfeleistungen für Namibia kräftig absahnen“, berichtete Jan Cedergren von der schwedischen Entwicklungshilfebehörde SIDA auf der Konferenz.

Pretoria hat Namibia die Kosten für die langjährige Besetzung als „Kredit“ in Rechung gestellt. „Eine völlig absurde Geschichte“, sagt Tore Eriksen vom Osloer Außenpolitischen Institut, „dem armen, unterentwickelten und vom Krieg verwüsteten Land auch noch die Kosten der Besatzer aufzudrücken. Ein Vorgang, der zu allem Übel von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds auch noch anerkannt worden ist.“ Normal wäre es allenfalls gewesen, wenn sich beide Länder in Verhandlungen auf einen Schadensersatz für die Besetzungszeit geeinigt hätten. Eriksen: „Jetzt führt der Namibia aufgezwungene Kredit dazu, daß ein großer Teil der Entwicklungshilfe direkt in der südafrikanischen Staatskasse landet.“ Es handelt sich, rechnete Eriksen aus, um umgerechnet etwa 220 Millionen DM oder über die Hälfte des Gesamtbetrages für den ersten Entwicklungshilfeschub, auf den sich im Juli in New York über 50 Geberländer für das laufende Budgetjahr geeinigt hatten.

Besonders absurd ist diese Situation für ein Land wie Schweden, das seit den sechziger Jahren den Befreiungskampf der Swapo in Namibia mit erheblichen Geldsummen unterstützt hatte. „Jetzt landet vermutlich jede zweite Krone direkt beim ehemaligen Gegner für dessen Kosten beim völkerrechtswidrigen Kampf gegen die Swapo“, schätzt SIDA- Mann Berit Nylander. „Da wäre es doch ehrlicher, den Scheck gleich nach Pretoria zu schicken.“ Zu ändern ist hieran angeblich nichts. Zwar hat Schweden, wie die meisten anderen Länder, in den Entwicklungshilfeverträgen Bestimmungen mit einem Verbot des Kaufs von Waren aus Südafrika von diesen Geldern. Ein Verbot, damit Kredite zurückzuzahlen, existiert aber nicht.

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