: Mit Knöterich gegen Cadmium und Zink?
■ An den Möglichkeiten der Biotechnik scheiden sich die Geister
Können belastete Böden künftig durch Anpflanzung von Riesenknöterich gereinigt werden? Die Oldenburger Jungunternehmerin Elke Haase hält das mit Hilfe der Biotechnik für möglich. Durch „In-vitro-Vermehrung“ züchtet sie in ihrer Firma „piccoplant“ besonders widerstandsfähige Pflanzen. Durch Anlegen steriler Zellkulturen in einem besonderen Nährmedium entwickeln sich Millionen von pflanzlichen Zellen, die theoretisch alle wieder zu einer ganzen Pflanze regeneriert werden können. Das täglich Brot von Elke Haase ist die Belieferung von Gärtnereien mit Setzlingen. Das besondere Engagement der Diplombiologin gehört jedoch der Forschung und Entwicklung.
Seit gut zwei Jahren macht sie Versuche mit einer speziellen Riesenknöterichzüchtung. Der Knöterich hat zwei Eigenschaften, die ihn für piccoplant interessant machen: er speichert Schwermetalle und wird sehr groß, produziert also viel Biomasse, die schädliche Stoffe aufnehmen kann. Nach ermutigenden Labor-und Containerversuchen sollte die „biologische Entsorgung“ im Feldversuch erprobt werden. Mit von der Partie war auch die „Arbeitsgruppe angewandte Biologie“ von der Uni Oldenburg. Mit dem Bremer Hafenbauamt und dem niedersächsischen Amt für Bodenforschung wurde ein Terrain in Hasenbühren ausgeguckt. Dort war cadmiumbelasteter Hafenschlamm aufgespült worden.
In der Realisation des Projektes gab es allerdings „Unstimmigkeiten“ zwischen den Bremern und den Oldenburgern. Beim ersten Anlauf 1988 erwischten die ForscherInnen ein Stück Land ohne Schwermetalle. Der Knöterich gedieh zwar prächtig, über seine bodenreinigenden Kräfte ließ sich aber nichts aussagen. Beim zweiten Versuch ein Jahr später stimmte zwar der Untergrund, nicht aber das Klima zwischen den VertragspartnerInnen. Elke Haase beschwert sich darüber, daß die Bremer angeblich zugesagte Messungen nicht durchgeführt haben. Außerdem habe der Besitzer des Grundstücks einen Teil des Knöterichs einfach abgemäht. Dr. Rüdiger Bartels vom Niedersächsischem Landesamt für Bodenforschung sieht das etwas anders: „Wir haben uns lediglich bereit erklärt, die Bodenwerte mitzuteilen. Von weiteren Messungen war nicht die Rede.“ Zum Mähen habe der Landwirt sich veranlaßt gesehen, weil Elke Haase und die Studenten die Anpflanzung haben verkrauten lassen. Überhaupt steht Bartels dem Unternehmen skeptisch gegenüber: „Die Idee ist gut, aber praktisch ist das einfach nicht möglich“, urteilt er über die biologische Schwermetallentsorgung. Elke Haases Angaben über Biomasse und Schwermetallentzug pro Hektar (ha) hält er für unrealistisch. „Das klappt vielleicht im Labor, aber nicht draußen“, argwöhnt er. Statt wie von Haase behauptet, in zwei bis drei Jahren, könnten belastete Böden „vielleicht in 200 bis 300 Jahren“ gereinigt werden.
Die Oldenburger Biologin läßt sich von Kritik jedoch nicht beirren. „Wenn die Schwermetalle grammweise im Boden stecken, kommt man mit dem Knöterich natürlich nicht weit. Aber für Klärschlämme oder ähnlich leicht belastete Böden ist die Methode geeignet“, befindet sie. Auch für das Problem der Entsorgung der Cadmiumspeicher hat sie eine Lösung parat: „Das Volumen wird durch Kompostierung reduziert. Was übrig bleibt, kann verbrannt werden. Die Schwermetalle lassen sich mühelos herausfiltern. Das Abluftkondensat kann durch Silikate gebunden werden.“ Null problemo! Das gesamte Verfahren sei über die Erprobung hinaus und anwendungsreif. Es gäbe bereits Verhandlungen über ein größeres Projekt.
asp
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