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Die DDR ist tot — es lebe die DDR-Forschung

Symposium über DDR-Forschung: Westliche Wissenschaftler euphorisch, Geldgeber zurückhaltend  ■ Von Birgit Ziegenhagen

Bremen (taz) — Die DDR gibt es nicht mehr. Doch die DDR-Forscher der Bundesrepublik sind optimistisch: Die Archive sind offen, jetzt geht es erst richtig los. „Wir haben mehr und Sinnvolleres denn je zu tun“, sagte der Literaturwissenschaftler Wolfgang Emmerich auf dem Symposium „Perspektiven der DDR- und Deutschlandforschung“ an der Bremer Universität. Das von ihm geleitete „Institut für Literatur und Kultur in der DDR“ an der Bremer Uni ist erst im Sommer vergangenen Jahres gegründet worden. „Endlich kann die DDR-Geschichte unter allen denkbaren Aspekten auf einer noch unvorstellbar verbreiteten Basis empirisch untersucht werden.“ Emmerich unterstützt auch die Forderung des Deutschen Historikerverbandes nach einem zweiten, den 40 Jahren DDR gewidmeten „Institut für Zeitgeschichte“. Hier soll unter anderem der Frage nachgegangen werden „Wie sind sie so geworden, wie sie heute sind?“.

Nicht so recht auseinandersetzen wollten sich die 30 Fachleute in Bremen mit dem, was von Eckhard Jesse provokativ formuliert worden war: „Die systemimmanente DDR-Forschung hielt sich viel auf ihre realistische Sicht zugute. Realität war jedoch mangelnder Realismus.“ Die Chance der jetzigen Situation läge vor allem im „Abspecken“ der DDR-Forschung, erklärte Wolfgang Eichwede von der Forschungsstelle Osteuropa der Bremer Uni. So hätten früher durch Steuergelder subventionierte Institute allein von der Situationsbeschreibung gelebt. Das sei überflüßig geworden. „Aber auch manches Instrumentarium, das wir haben, war ein virtuoses Instrumentarium für eine starre Scheinwelt. Da werden wir uns ein gutes Stück nachrevolutionieren müssen.“

Die offizielle Tagung verlief ohne große Kontroverse — am Rande waren einzelne dafür um so deutlicher. So äußerte der Tübinger Literaturwissenschaftler Bernhard Greiner Zweifel, ob sich unter dem neuen Namen „Deutschlandforschung“ viel ändern werde. „Ich sehe die Gefahr, daß die Alten jetzt bombastische Themen formulieren, weitermachen und die methodischen Fehler wiederholen.“ Er ist strikt gegen die Weiterführung spezieller DDR-Forschungsinstitute. Viele der DDR- Forscher wollen aber den Blick nach vorn richten. Gert-Joachim Glaeßner (FU Berlin) skizzierte neue Forschungsfelder: Neben dem Studium des „gesellschaftspolitischen Experiments DDR“ solle vor allem die jetzige „Umbauphase zur Demokratie“ forschend begleitet werden. Ein „weites Feld“ gäbe es außerdem in der „Bearbeitung gesellschaftspolitischer Problemlagen“, die sich durch das Verschwinden der DDR auftun werden. Fred Klinger vom Berliner Institut für gesamtdeutsche Fragen kommentierte das so: „Diese durch politische Subventionen aufgeblähten Institutionen suchen jetzt nach Legitimationsstrategien, auch auf diesem Symposium.“

Doch da hatten sie anscheinend die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Die Volkswagenstiftung will keine DDR-Schwerpunkte mehr unterstützen. Und: Das Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen, das bisher jährlich zehn Millionen Mark für „vergleichende Deutschlandforschung“ lockermachte, lehnt es ab, weiter zu zahlen. Nach einem Zwischenhaushalt von fünf Millionen werden ab sofort keine Anträge mehr entgegengenommen. Im folgenden Jahr läuft die Förderung ganz aus.

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