: Proteste gegen Militäraufmarsch am Golf
■ Demonstranten in Japan, den USA und Frankreich fordern eine diplomatische Lösung der Golfkrise
Tokio (dpa/afp/ap) — Mehr als 23.000 Japaner brachten gestern vor dem amerikanischen Militärstützpunkt Yokosuka unweit von Tokio ihren Protest gegen einen möglichen japanischen Militäreinsatz am Golf zum Ausdruck. Anlaß der Demonstration war dabei die Absicht der japanischen Regierung, Angehörige der Nationalen Selbstverteidigungsstreitkräfte (SDF) zur Unterstützung der multinationalen Truppen am persisch-arabischen Golf zu entsenden. Die Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Doi, wandte sich entschieden dagegen, japanische Soldaten zu Militäreinsätzen ins Ausland zu schicken. Sie kritisierte die Absicht der regierenden Liberal-Demokratischen Partei, eine solche Mission durch Gesetzesänderung im Parlament durchzusetzen. Tokio müsse sich für eine diplomatische und friedliche Lösung dieses Konfliktes einsetzen und sich nicht in den Dienst der USA stellen, erklärte die Chefin der stärksten Oppositionspartei.
Auch in den USA regt sich unterdessen Widerstand gegen das Washingtoner Engagement am Golf. In mehreren Städten von New York bis San Francisco gingen Tausende auf die Straße. Beobachter meinten sogar, die Demonstrationszüge hätten sie an die Zeit des Vietnamkrieges erinnert. Ebenso kam es in Paris zu Protestkundgebungen. Tausende von Menschen demonstrierten unter dem Schlagwort „Nein zum Krieg“ gegen die militärische Präsenz des Westens in der Golfregion. An dem friedlich verlaufenen Protestzug, zu dem Kommunisten, Grüne und linksextreme Gruppen aufgerufen hatten, nahmen nach Angaben der Veranstalter 30.000 Menschen teil.
Nach Ansicht der US-Regierung ist der irakische Staatschef Saddam Hussein „in schwerer Bedrängnis“ und kann „ohne Krieg zum Abzug seiner Soldaten aus Kuwait gezwungen werden“. US-Verteidigungsminister Cheney sagte in Paris, die Rationierung von Benzin im Irak sei ein Zeichen dafür, daß die von der UNO verhängten Sanktionen Wirkung zeigten und Sand ins Getriebe der irakischen Kriegsmaschine gestreut hätten. Es sei aber klar, fügte Cheney hinzu, daß die Wirtschaftssanktionen nicht das einzige verfügbare Mittel seien. Vor den Tankstellen in Irak bildeten sich gestern lange Warteschlangen. Bagdad hatte eine Benzinrationierung von Dienstag an verfügt. Dem ölreichen Irak fehlen wegen der UNO-Blockade Chemikalien zum Raffinieren.
Saudische Regierungsbeamte teilten unterdessen mit, Riad sei dabei, Millionen von Gasmasken zu kaufen, damit sich die Bevölkerung gegen einen möglichen irakischen Giftgasangriff wappnen könne. Ein US-Militärsprecher kündigte in Dharan an, die Amerikaner würden mehrere hundert Kampfpanzer aus Europa nach Saudi-Arabien verlegen, um der zahlenmäßig starken irakischen Panzerwaffe im Kriegsfall besser Paroli bieten zu können. Es geht um M-1-Panzer der neuesten Bauserie A-1. In einem saudischen Hafen wurden am Wochenende britische Challenger-Panzer ausgeladen.
Primakow, der Abgesandte des sowjetischen Präsidenten Gorbatschow in der Golfkrise, kam am Samstag in London erst mit Außenminister Hurd und dann mit der britischen Premierministerin Thatcher zusammen. Primakow hatte am Tag zuvor in Washington mit US-Präsident Bush konferiert. Nach der Unterredung im Weißen Haus hatte Primakow gesagt, die internationale Staatengemeinschaft dürfe nicht nachlassen, den Rückzug des Irak aus Kuwait zu verlangen.
Der ehemalige britische Premierminister Heath traf am Samstag zu Gesprächen mit Saddam Hussein in Bagdad ein. Heath will sich vor allem um die Freilassung von 70 älteren oder kranken Briten bemühen. Thatcher konferierte ebenfalls am Samstag in London mit dem italienischen Ministerpräsidenten Andreotti. Beide sagten anschließend, die EG sollte auf der Gipfelkonferenz am kommenden Wochenende keinen Zweifel daran lassen, daß sich die EG nicht mit der irakischen Invasion Kuwaits abfinden wolle.
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