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Paris öffnet UdSSR die europäische Tür

■ Gorbatschow und Mitterrand unterzeichnen französisch-sowjetischen Kooperationsvertrag / Etliche Wünsche Gorbatschows blieben jedoch unerfüllt / Mitterrand verweigert Nichtangriffspakt

Rambouillet/Frankreich (ap/dpa) — Der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow und der französische Staatspräsident Francois Mitterrand haben sich in einem weitreichenden Kooperationsvertrag am Montag zum Streben nach einer europäischen Konföderation verpflichtet. Beide Staatschefs unterzeichneten den „Vertrag über Verständigung und Zusammenarbeit“ nach einem Gespräch unter vier Augen in Schloß Rambouillet, dem südwestlich von Paris gelegenen Landsitz der französischen Präsidenten. Dabei zeigte sich der französische Staatschef jedoch inhaltlich für die sowjetischen Wünsche so verschlossen, daß Zeitungen wie „Le Monde“ den Vertrag als „ebenso feierlich wie hohl“ bewerteten.

Anders als Bonn, das damit einen Preis für die Wiedervereinigung Deutschlands entrichtete, wies Paris Moskaus Drängen nach einem Nichtangriffspakt mit dem früheren Gegner strikt zurück. Dafür schufen Mitterrand und Gorbatschow einen Konsultationsmechanismus, um Krisenlagen gemeinsam zu meistern. In dem Vertrag verpflichten die beiden Staaten sich, unverzüglich in Kontakt zu treten, wenn eine der beiden Parteien den Frieden bedroht sieht, um ein Einvernehmen über geeignete Maßnahmen zu erlangen. Die Bundesregierung hatte Moskau zudem zugesagt, keinen Angriff eines Drittstaates auf die UdSSR zu unterstützen, was in Frankreich teilweise als Aufweichen der westlichen Bündnissolidarität gewertet wird.

Außerdem weigert Paris sich, Moskau bilateral eine Verringerung seiner (Atom-) Streitmacht zuzusichern. Stattdessen verwiesen die Franzosen beharrlich auf die Zuständigkeiten der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), der Wiener Verhandlungen und der Europäischen Gemeinschaft.

Mit seinem ausdrücklichen Bezug auf die europäische Konföderation wird der französisch-sowjetische Vertrag nach Lesart der französischen Diplomatie zum Vorläufer übergeordneter Verträge der EG mit der UdSSR. Er gelte deshalb auch nur für zehn Jahre — halb so lang wie das als „rein bilateral“ bewertete deutsch-sowjetische Abkommen.

„Le Monde“ argwöhnte zwar, Paris wolle durch Verträge der EG mit der UdSSR das umfassende deutsch- sowjetische Vertragswerk „in einem größeren Ganzen ertränken“. Doch für Gorbatschow bedeutet diese Perspektive einen Erfolg, auch wenn er dafür manche Ziele, wie einen Nichtangriffspakt, fallenlassen mußte. Er kommt seinem Projekt eines „gemeinsamen europäischen Hauses“ einen bedeutenden Schritt näher. Die Perspektive der Konföderation verwischt zudem die — nicht nur in Frankreich gehegte — Befürchtung, die UdSSR könnte sich mit dem vereinigten Deutschland die Vorherrschaft über Europa „teilen“. Und kurzfristig gesehen kam Gorbatschow in Paris seinem Vorhaben näher, sein Land über bilaterale Verträge mit allen vier großen EG-Staaten in den westeuropäischen Einigungsprozeß einzubinden. Bereits am Sonntag abend waren im Pariser Außenministerium fünf bilaterale Abkommen über wirtschaftliche und wissenschaftliche Zusammenarbeit unterzeichnet worden. Dabei sagt Frankreich der Sowjetunion Kredite in Höhe von fünf Milliarden Franc (rund 1,5 Milliarden Mark) zu.

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