»Eine Form der Doppelmoral«

■ »Centrum für Sexualwissenschaft e.V.« leistet seit sieben Jahren vorwiegend ehrenamtliche Arbeit

Charlottenburg. »Warum immer Feuerwehr spielen, wenn man Feuermachen lernen kann?«, fragt Theo Gilbers. Der Diplompädagoge arbeitet im »Centrum für Sexualwissenschaft e.V.«, das gerade seinen siebten Jahrestag feiert. Was die zahlreichen Probleme angeht, die Sexualität trotz oder auch wegen der Scheinliberalität unserer Gesellschaft immer noch verursacht, so würden seine acht MitarbeiterInnen sich lieber darauf beschränken, ihren Klienten das Feueranzünden beizubringen. Aber auch die Rolle der Feuerwehr bleibt ihnen manchmal nicht erspart. »Hoffnungslos überfordert soll die Sexualität das leisten«, schreiben sie in ihrer Jubiläumsbroschüre, »was im sonstigen Leben zunehmend schwierig wird« — nämlich Geborgenheit herstellen.

Das heutige Centrum wurde 1983 als »Freie Volkshochschule für Sexualität« gegründet. Inzwischen bietet die Centrums-Crew neben Einzel- und Paartherapien auch sexualpädagogische Veranstaltungen für Jugendliche und eine Sprechstunde für Eltern an.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Enttabuisierung der Sexualität von alten und von behinderten Menschen. Außerdem wird im Dezember unter den Fittichen des ebenfalls im Centrum ansässigen »Berliner Arbeitskreises Sexualität« das erste Ost-West-Arbeitstreffen zu eben jenem Thema stattfinden. Eine Fülle von Aktivitäten also, die jedoch vorwiegend ehrenamtlich getätigt werden. Sieben Jahre nach seiner Gründung muß sich das Centrum, das sich dem Feminismus und der Selbstverwaltung verpflichtet fühlt, immer noch recht mühsam durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanzieren. Das liegt vor allem daran, daß sexuelle Probleme nach einer Vereinbarung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung keinen »Krankheitswert« haben, und Beratung oder Therapie somit nicht über die Krankenkasse abgerechnet werden kann. Auch eine längerfristige öffentliche Förderung der durchaus auch präventiv wirkenden Arbeit des Centrums ist nicht in Sicht. »Eine Form der Doppelmoral«, kommentiert ein Journalist trocken. usche