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Sportliche Durchlaucht

■ Der dicke König von Tonga zu Gast in der Hauptstadt: Südseefußballer zukünftig in Berliner Trikots PRESS-SCHLAG

Zärtlich patscht seine riesige schwarze Hand auf den Kopf eines kleinen Fußballbuben, der wie durch ein Wunder unverletzt bleibt: Taufa'ahau Tupou IV., gewaltiger König von Tonga, ist gerührt. Wen wundert's, beendet doch das Gastgeschenk des Berliner Sportklubs Hertha 03 Zehlendorf einen seit Jahren andauernden, skandalösen Mißstand: Die Tornetze des königlichen Bolzplatzes, von deren maroden Zustand unser erschütterter Südseereporter Bernd Müllender bereits vor zwei Jahren berichtete, sind kaputt! Was nichts anderes bedeutet, als daß der Ball, trifft er denn das Tor, ungebremst in den königlichen Vorgarten hüpft. So müssen die Kicker immer bei Königs klingeln, soll der nächste geniale Spielzug eingeleitet werden.

Nun aber hat die Not ein Ende. Hertha 03, deren Fußballer 1988 nach Tonga reisten und gegen die Realos spielten, sichert sich mit ihrer Gastgabe einen festen Platz in der Geschichte des alten polynesischen Königreiches. Mit einem dreifachen „Hertha 03“ wurden im Schloß Glienecke vor den Toren Berlins nicht nur zwei nagelneue Tornetze überreicht, nein, auch zwanzig Fußbälle und drei Sätze Spielkleidung wurden seiner erfreuten Majestät übergeben.

Und wie's der Zufall will: Die Nationalfarbe Tongas, Rot, ist gleichzeitig die Vereinsfarbe Zehlendorfs. Was nichts geringeres bedeutet, als daß nun Tongas Nationalmannschaft in original Zehlendorfer Trikots auf den internationalen Rasen dieser Welt aufläuft.

Doch nicht dieser PR-Gag war Grund für Hertha 03, gemeinsam mit dem Berliner Fußballverband 8.000 Mark für die Südseekicker springen zu lassen. Die Wahrheit ist philosophischer: „Sport ist das beste Mittel zur Völkerverständigung“, erklärt 03-Ehrenmitglied und Berliner Fußballpräsident Otto Höhne die Grundidee und zaubert mit nostalgischem Blick Erinnerungsfotos vom Tonga-Besuch aus dem Sakko.

Was zunächst hart an Szenarien à la „Glasperlen für die Wilden“ anmutet, weiß der kosmopolite Funktionär besser: Mit Sport ist man beim König über 170 Inseln und 100.000 Untertanen genau an der richtigen Adresse. Der 72jährige, drei Zentner schwere Mann gilt als die sportlichste Durchlaucht der gesamten Südsee. Mit stolzgeschwelltem Wanst erzählt er noch heute von seinem tonganischen Stabhochsprungrekord (1933) als Vierzehnjähriger: drei Meter. Auch jetzt noch treibe er Sport, dreimal wöchentlich Rudern, königliches Schwimmen, Schwergewichts-Radfahren.

Der Gesundheit zuliebe habe er seit letztem Jahr mächtig abgespeckt. Tatsächlich sitzen von den 220 Königskilo von einst nur noch schmächtige 150 auf der im Schloß eigens für ihn angefertigten überdimensionierten Bank, die mit rotem Baldachinbezug auf Thron getrimmt wurde. Dicht bei ihm, auf einem normalen Stuhl, weilt das Königskind, Prinzessin Nanasi Pau'u. Gütig, apart und in perfektem Englisch teilt die 39jährige die Sportbegeisterung ihres Vaters: Als Präsidentin des tonganischen Sportverbandes sei sie eine der vier Frauen in der Olympischen Bewegung (IOC). Auch ihr Bruder ist sportlich: Gerüchten zufolge soll der Kronprinz des öfteren beim Schwimmen im Meer gesehen worden sein, mit einer Art Ventilator- Hitzeschutz auf dem Kopf.

Überhaupt, so brummelt König Tupou IV., gehöre der tonganische Sport auf internationaler Ebene mehr gefördert, auch mit Hilfe westlicher Trainer. Auf die Frage, ob er auf arbeitslose Ex-DDR-Coaches spekuliere, antwortet er mit aller Würde seines Amtes: „Wenn sie auf mich zukommen, ließe sich darüber reden. Aber sie müssen kommen.“ miß

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