Auch Rohwedder geht — Treuhand sucht neuen Chef

■ Chefsanierer will nicht bleiben, dementiert aber Differenzen im Präsidium

Berlin (taz/adn/dpa) — Im Prinzip ist es egal, ob Detlev Rohwedder, der Chef der Treuhandanstalt, den Privatisierungskonzern nun im Streit verläßt oder nicht: Die wichtigste Tatsache ist, daß er überhaupt geht. Zum 31. Dezember, teilte er offiziell mit, wird der zur Zeit einflußreichste Wirtschaftsmanager Ostdeutschlands seinen Stuhl am Berliner Alexanderplatz räumen. Die formale Begründung, daß er, als er das Mandat annahm, vom Aufsichtsrat des Hoesch-Konzerns nur bis Jahresende freigestellt wurde, ist nicht ganz überzeugend. Ebenso hätte er seinen Job als Vorstandsvorsitzender des Stahlkonzerns aufgeben können, um weiter und auf Dauer der Treuhand vorzustehen.

Allerdings wartete zu Wochenbeginn einer seiner Vorstandskollegen mit einer neuen Katastophennachricht für die Öffentlichkeit auf. Der Belgier André Leysen, auch Aufsichtsratsvorsitzender des Agfa-Gevaert-Konzerns, sagte dem flämischen Nachrichtenmagazin 'Knack‘, daß kaum 30 Prozent der 8.000 Betriebe überleben würden. Und dazu gehören genau die Betriebe, die schon unter Dach und Fach sind: Firmen der Zementindustrie und des Finanzsektors.

Derweil übt sich Rohwedders Sprecher Schöde in Presseschelte und gab sich kräftig Mühe, die Konflikte innerhalb der Treuhand herunterzuspielen. „Blanker Unsinn“ seien Presseberichte, nach denen Rohwedder aus Resignation oder Enttäuschung und wegen Meinungsverschiedenheiten im Treuhandpräsidium nach Dortmund zurückkehre. Der angebliche Konflikt zwischen den VertreterInnen schneller Verkäufe und solchen behutsamer Sanierung sei ein „Versuch, Zwietracht zu sähen“. Und: Die Blätter sollten sich lieber Gedanken über die Wirtschaftsprobleme in Mitteldeutschland machen.

Rohwedder selbst sagte, von „Handtuchwerfen“ könne keine Rede sein. Zu angeblichen Differenzen mit Vorstandskollegin Birgit Breuel über die Politik des weltgrößten Unternehmens erklärte er rosarot, es werde in der Öffentlichkeit ein „Ideologiestreit hineingeheimnist, der gar nicht besteht". Er sei keinesfalls in einer „Minderheiten-Position“ im Vorstand, wo hingegen „an einem Strang gezogen“ werde und „größte Harmonie“ herrsche.

Als Nachfolger Rohwedders sind nun Birgit Breuel selbst, vormals niedersächsische CDU-Wirtschafts- und Finanzministerin, und der Kaufhof-Manager Jens Odewald im Gespräch. Odewald ist derzeit als Chef des Verwaltungsrats der Treuhand quasi der oberste Kontrolleur der Anstalt und war Rohwedder auf diesem Posten gefolgt, als der wiederum den ehemaligen Bundesbahn- Chef Reiner Gohlke ablöste.

Rohwedder warnte vor „überhitzten Erwartungen“ an die Treuhand. Sie werde noch sehr lange arbeiten. Am Ende würden viele Bundesbeteiligungen übrig bleiben, da zum Beispiel Stahlwerke auch dann wahrscheinlich nicht zu verkaufen seien, wenn sie keinen Verlust machten. Es sei „töricht und unpolitisch“ und „typisch westdeutsch“ anzunehmen, die Arbeit sei in ein paar Monaten oder Jahren zu schaffen.

Die DDR sei „kein ärmeres Westdeutschland“ gewesen. Die Menschen dort hätten ein ganz anderes Lebensgefühl, ganz andere Erfahrungen und Verletzlichkeiten. Das erfordere ein hohes Maß an Rücksichtnahme.