: IG-Chemie erwartet einen dramatischen Arbeitsplatzabbau
Berlin. Einen dramatischen Abbau von Arbeitsplätzen befürchtet nach den Worten ihres Vorsitzenden Jürgen Wingefeld die IG Chemie, Glas und Keramik in Berlin-Brandenburg. »Die Talsohle der Umstrukturierungskrise in der ehemaligen DDR«, so Wingefeld, »ist bei weitem noch nicht erreicht.« Im Wirkungsbereich seiner Organisation läge der Arbeitsplatzabbau bisher bei 10 bis 25 Prozent, befürchtet werde ein Abbau bis zu 50 Prozent.
Von Bund und Ländern forderte die Gewerkschaft eine schnelle Umsetzung von Wirschaftsförderungs- und Beschäftigungsprogrammen. Auch seien kurzfristig Steuererleichterungen sowie zinsgünstige Kredite für Investitionen notwendig. Wingefeld verwies darauf, daß eine aktive Arbeitsmarktpolitik auch eine Ausnahmeregelung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen beinhalten müsse. Zwar sei diese Forderung umstritten, doch mache es »keinen Sinn, zuerst die Frauenförderung zu unterstützen, um sie hinterher in die Arbeitslosigkeit zu schicken.«
Die Altlastensanierung bezeichnete er als Gemeinschaftsaufgabe von Staat und Wirtschaft. Die Treuhand solle dabei die Übernahme eines Mindestanteils an Sanierungskosten garantieren. Die von ostdeutschen Chemie-Arbeitgebern genannte Altlastensumme in Höhe von 15 bis 20 Milliarden DM halte seine Gewerkschaft eher für zu gering. In der Tarifpolitik sprach sich Wingefeld angesichts der großen Einkommensunterschiede zwischen Ost und West für eine Trennung von Arbeitsproduktivität und Einkommenssteigerungen der Arbeitnehmer aus.
Die IG Chemie, Glas, Keramik wird sich zum 31. Mai 1991 auflösen und in der DGB-Gewerkschaft IG Chemie, Papier, Keramik aufgehen. Der ordentliche Gewerkschaftstag ist für Ende Juni einberufen worden. ok
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