FDP drängt auf Rücktritt von Milde

Der Rücktritt des hessischen Innenministers ist nur noch eine Frage der Zeit/ FDP will noch vor der Bundestagswahl klare Verhältnisse/ Datenschützer will Donnerstag Bericht zur Affäre vorlegen  ■ Von K.-P. Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) — Der hessische Innenminister Gottfried Milde (CDU) ist zu einer „unerträglichen Belastung“ für die CDU/FDP-Koalitionsregierung in Wiesbaden geworden. Wie aus den Reihen der Freien Demokraten zu erfahren war, habe der kleine Koalitionspartner dem Ministerpräsidenten Walter Wallmann (CDU) am Wochenende nahegelegt, die Affäre Milde mit einem „sauberen Schnitt“ zu beenden. Milde soll zurücktreten — und so der FDP eine Gratwanderung auf dem Rücken des demokratischen Rechtsstaates ersparen.

Wie der Teufel das Weihwasser fürchtet die FDP eine von den Oppositionsparteien SPD und Grüne bereits angekündigte erneute Entlassungsdebatte im Landtag. Aus rein rechtlichen Erwägungen heraus ist Gottfried Milde nämlich kaum noch im Ministersessel zu halten, nachdem die harten Fakten um die von Milde im Landtag falsch zitierten Abhörprotokolle inzwischen im Hauptausschuß des Landtages auf den Tisch des Hauses kamen. Da es aber laut Koalitionsvertrag kein abweichendes Stimmverhalten eines Koalitionspartners im Landtag geben darf, wären die permanent auf ihr „rechtsstaatliches Selbstverständnis“ pochenden Freien Demokraten in der Bredouille: Entweder halten sie Milde die Stange und müssen sich anschließend vor zwei entscheidenden Wahlen von der Opposition „Verrat an den eigenen Prinzipien“ vorwerfen lassen, oder sie stimmen in der Entlassungsdebatte mit den Oppositionsparteien und brechen so den Koalitionsvertrag.

Sollte Milde in den nächsten Tagen tatsächlich zurücktreten, sind der Skandal um die Weitergabe der Abhörprotokolle des BKA an den Innenminister und die falschen Anschuldigungen gegen einen Journalisten des 'Stern‘ damit allerdings nicht beendet. Mildes strafrechtlich relevanter Vorstoß im Landtag war nämlich nicht die Tat eines Einzelgängers, sondern Ergebnis CDU-interner Beratungen. Mit seinem Frontalangriff gegen gegen Recht und Gesetz sollte Milde eine Attacke gegen Opposition und Medien reiten, denen die Christdemokraten die Demontage des Ministerpräsidenten in der Affäre Wallmann/Beker vorwerfen. In Wiesbaden wartet jetzt alles auf den Bericht des Datenschutzbeauftragten Spiros Simitis, der am Donnerstag dem Hauptausschuß des Landtages eine Bewertung der Affäre Milde vortragen wird. Danach dürfte Milde nicht mehr im Amt zu halten sein, auch wenn Ministerpräsident Wallmann seinem Innenminister noch in der vergangenen Woche „das Vertrauen“ aussprach. Dem 56jährigen gebürtigen Breslauer bleibt dann immer noch ein öffentliches Amt: Der Mann ist seit 1980 Präsident der Schlesischen Landesversammlung in Hessen.