: Was ist bloß mit Henning los?
■ Bürgermeister mal stumm, mal wütend und im Zweifelsfall im Bürgerpark
Eigentlich ist die Rollenverteilung, die sich unsere beiden Bürgermeister gegeben haben, klar. Klaus, der I., ist für das politische Alltagsgeschäft verantwortlich, Henning, der II., für die großen Visionen. In der vergangenen Woche lief der eine zu großer Form auf und erklärte praktisch alles zur Chefsache, während der andere stummer Mann spielte. Oder anders: Klaus Wedemeier redete buchstäblich zu jedem Müll, während Henning Scherf, bis auf einen großen Ausrutscher, in der Versenkung verschwand.
Besehen wir uns zunächst einmal die Aktivitäten von Klaus Wedemeier: Am Samstag versuchte er vergeblich für seinen Bausenator den Daimler_Tunnel zu retten. Am Montag achtete er peinlich genau darauf, daß die SenatorInnen Beckmeyer und Lemke-Schulte bei der Vorstellung des „Integrativen Flächenkonzeptes“ kein falsches Wort sprachen. Am Abend saß er anstelle des zuständigen Bausenators in Sachen Tunnel bei buten&binnen und gleich danach fuhr er nach Bremerhaven, um bei den dortigen Genossen Eva-Maria Lemke- Schultes Müllkonzept durchzusetzen. Und in der Bürgerschaft sprang er am Dienstag für den Hans- Wendt geschädigten Henning Scherf in die Bresche. Wedemeier auf die Frage, ob er nicht ein bißchen viel alleine mache. „Was soll ich denn machen?“
Bürgermeister-Kollege Scherf weiß sehr genau, was er machen soll. Nämlich den Mund halten. Blaß, angespannt und schweigsam saß er beim Parteitag und in der Bürgerschaft. Ein Mitarbeiter erklärt dies mit Migräne, ein anderer damit, daß Scherf überhaupt keine Lust verspüre, schon wieder vor einem Untersuchungsausschuß um seinen Ruf zu kämpfen. Doch einmal mußte er doch reden, und da brach der ganze Frust aus ihm heraus. „Gemessen am Bundespräsidenten sind Sie ein kümmerlicher mieser Denunziant“, giftete er den CDU-Abgeordneten Günter Klein an. Klein und die CDU-Fraktion hatten sich tatsächlich in rufmordender Weise über Ingrid Strobl und die Bremer Universität ausgelassen.
Scherf sprach's am Mittwoch, verschwand aus der Bürgerschaf und ward auch am Donnerstag nicht mehr gesehen. Und das, obwohl Bürgerschaftsverwaltung und SPD-Fraktion ganz Bremen nach dem Langen absuchen ließen. Denn die CDU verlangte Satisfaktion für Scherfs Ausbruch. Scherf aber hatte sich mit einer auswärtigen Gesamtschuldelegation an unbekanntem Ort zum Essen zurückgezogen und war gleich danach in den Bürgerpark geflüchtet. Ein Mitarbeiter: „Henning war zum Joggen.“ Daß er sich dabei wie Richard Kimble auf der Flucht befunden habe, wird allerdings heftig dementiert: „Es wußte von nichts.“ Rosi Roland
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