: Männer mit Eigenschaften?
■ Wer bist du, Manager? Bremer Forscher stellten ihr Buch „Managermentalität“ vor
Der Manager ist, was er tut. Und was tut er? Wörtlich genommen bringt er zustande im Sinne von geschickt bewerkstelligen — woran man sieht: der Manager ist ein unklares Subjekt. Wir wissen nur: er ist ein Mann und wird, wenn er nicht mehr kann, managerkrank.
Aber ist deswegen die Zeit reif, des Managers unbekanntes Wesen bekannt zu machen mit dem Erkenntnisinteresse kollektive Geistesart? Ja, dieser „Blindfleck“, dieser hinter Schleiern, müsse erhellt werden, fanden die zwei Bremer Soziologen Wilhelm Eberwein und Jochen Tholen, verschickten Fragebögen und kamen zu Intensiv-Interviews ganz nah ran an (“die ja sonst immer über Wolken schweben“) 111 Testanden auf den ersten und zweiten Führungsebenen von 35 Unternehmen. Gestern stellten sie ihr daraus abgeleitetes Buch „Managermentalität“ (Verlag Frankfurter Zeitung) vor.
Selbstverständlich wollen wir JournalistInnen sofort die Ergebnisse wissen und keine langen Vorreden; ja, das haben sich die beiden gleich gedacht. Wir wissen danach zwar immer noch nicht recht, was ein Manager ist oder ob er eine Mentalität hat, wir haben aber gelernt, daß er sich versachlicht hat im Vergleich zu seinem 50er-Jahre-Auslauf-Modell, welches womöglich dadurch auffiel, daß es ein Mann ohne Eigenschaften war. Der heutige Manager dagegen soll einer mit sein: mit zum Beispiel einer adretten, d.h. unemanzipierten Frau (wie war das bloß in den 50ern?) und gerne mehreren Kindern, damit sich die Frau nicht so langweilt, wenn sich der Göttergatte 60 Stunden die Woche mit seiner Arbeit identifiziert. Des weiteren ist er — gegen alle gemeinen Vorurteile — kein Job- Hopper, sondern ein „Industrie- Bürokrat“, was die Forscher — selbst dem volkstümlichen Managerbilde mit Krawatte nicht unverwandt; kein Wunder, haben sie doch beide den Diplom-Kaufmann in der Tasche — nicht negativ ausgelegt wissen wollen, sondern bedeuten soll, daß der Manager durchaus nur in maximal zwei Unternehmen gearbeitet haben kann.
Ansonsten ruft der Manager nicht nach dem Nachtwächterstaat, sondern nach aufgewecktem Regelwerk. Merkwürdigerweise verhält sich unser Mann zu Umwelt und Arbeitslosigkeit als Privatperson und ist politisch inaktiv, obwohl er demokratischer geworden sein soll (“Sie wissen schon...“), wobei das Betriebsvolk keine Volkssouveränität genießt. Die meisten Manager sind zwischen 40 und 60 und finden ansonsten, Führen sei erlernbar und sie selbst in dieser Hinsicht menschlich. Was nicht unbedingt mit ihrer hochprozentigen Akademisierung korreliert. Frauen-Manager, so die Autoren, hätten das Sample verzerrt wegen verschwindender Geringfügigkeit und kommen also nicht vor.
Was bleibt, ist eine an Zweifel grenzende Nachdenklichkeit zum Schluß. Schließlich sind die Ergebnisse die Früchte von Managers Selbsteinschätzung. Ehrlich: Wenn mich jemand fragen würde, ob ich als Manager menschlich wäre, würde ich da lügen? claks
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