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STANDBILDAus dem Poesiealbum der Geschichte

■ "Ich General de Gaulle", Sonntag, 11.11., ARD, um 22.25 Uhr

Was ist ein filmischer Essay? Peter Scholl-Latour weiß es. Zum hundertsten Geburtstag und zwanzigsten Todestag von General Charles de Gaulle legt der frankophile Journalist einen pompösen Kranz ans Grab, verziert mit jeder Menge Material aus dem Archiv, garniert mit ein paar Aufsagern vor der Kamera als Memorial, dazwischengestreut ein Bukett aus Alliterationen für den „gallischen General“.

Geradezu avantgardistisch mutet der Anfang an. Die schwarz-weißen Momentaufnahmen der Karriere des französischen Präsidenten werden per Trick wie Zeitungspapier durchgerissen. Welch wagemutige Montage! Schon sie allein rechtfertigt die Bezeichnung ernstzunehmender Essay von einem formidablen Fernsehmann mit Faible für Frankreich.

Und wie es dann weiter wabert und wallt aus dem Hexenkessel der Essayküche. Peter Scholl-Latour weiß, daß im November 1954 der Algerienkrieg „ausbrach“. Wie tief Frankreich in den Indochinakrieg „verwickelt“ war, daran erinnert er ebenfalls und schöpft dann noch weit mehr aus seinem profunden Poesiealbum der Geschichte.

Nur ärgerlich, daß Hitler dem braven General de Gaulle die Idee mit den beweglichen Panzerverbänden für seinen Blitzkrieg geklaut hat, sonst hätten wir vielleicht heute ein „karolingisches Kernland“, wie es sich der eloquente Essayist noch immer zu wünschen scheint.

Peter Scholl-Latour ist der Großen einer. Denn nur er versteht ihn wirklich, den General. Und er ist der einzige, der weiß, daß in Sachsen und Brandenburg der wahre Sturm auf die Bastille stattgefunden hat, während die „dumpfen Drohungen“ aus dem Osten nun endlich durch den Zusammenbruch der „sowjetischen Zwangsordnung“ verstummt sind.

Aber Vorsicht! Jetzt drohen Völkerwanderungen aus dem Osten, und die „Umtriebe des islamischen Fundamentalismus“ gefährden Deutschland und Frankreich — eben die karolingischen Kernlande — gleichermaßen.

Beschließen wie die Eloge auf Scholl-Latours Essay für den französischen Staatsmann mit den großen Visionen ebenfalls mit einem Zitat von Paul Valéry: „Im Abgrund der Geschichte ist Platz für alle.“ Auch für Peter Scholl-Latour. Christof Boy

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