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UNTERM STRICH

Fotos, originale Briefe und Schriftstücke aus dem Friedrich-Nietzsche-Archiv in Weimar sind jetzt erstmals nach 1945 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Goethe-und-Schiller-Archiv, das die umfangreichen Bestände nach Schließung der Einrichtung bewahrte, macht in einer am Freitag geöffneten 14tägigen Ausstellung mit ihrer über 50jährigen Geschichte bekannt. Nietzsche (1844-1900) lebte — geistig umnachtet — die letzten drei Jahre in der Klassikerstadt. Dort wurde er von seiner Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche gepflegt, die auch 1894 das Archiv gründete. In der Stiftung gewannen nach Nietzsches Tod rechtsradikale Ideen immer mehr an Bedeutung. Belegt wird dies durch ein Glückwunschtelegramm an Mussolini sowie Fotos, die Hitler mit Elisabeth Förster-Nietzsche zeigen. Bekannte demokratische Verehrer Nietzsches wie Romain Rolland zogen sich aus dem Vorstand der Stiftung zurück. Ende 1945 ließ die sowjetische Militäradministration das Archiv schließen. Für die Literatur- und Geisteswissenschaftler auf dem Gebiet der ehemaligen DDR waren fortan die Gedanken Nietzsches, vor allem seine Elitevorstellungen, tabu. Inoffiziell beschäftigten sich jedoch einige wenige mit seiner Philosophie weiter. Der internationalen Forschung standen die Materialien jedoch jederzeit offen, betonte Lothar Ehrlich, Generaldirektor der Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Als Beispiel nannte Ehrlich die kommentierte historisch-kritische Gesamtausgabe der Italiener Colli und Montinari. In der damaligen DDR durfte davon jedoch nichts publiziert werden. Ende Dezember wird die restaurierte Bibliothek Nietzsches in seiner ehemaligen Villa als museale Stätte übergeben. Später soll das gesamte Erdgeschoß mit Originalmöbeln dazukommen.

Beim 200. Revolutionsjubiläum stellte Frankreichs Staatspräsident Fran¿ois Mitterrand im Juli 1989 den Teilnehmern des Weltwirtschaftsgipfels die neue Pariser Bastille-Oper zum ersten Mal vor. Zur ersten Kurzsaison, bei der auch zahlende Opernfreunde Zugang zur „Volksoper“ hatten, hob sich der Vorhang im vergangenen März, und heute beginnt nun mit Verdis „Othello“ und Startenor Placido Domingo die erste richtige Spielzeit in dem futuristischen Bau, der die alte Garnier-Oper abgelöst hat. Dieser dritte Anfang soll aus der Dauerkrise herausführen, in der Mitterrands Prestigebau immer noch steckt. Nachdem außer einer Reihe von Konzerten bisher nur „Die Trojaner“ von Hector Berlioz und Leos Janaceks „Katja Kabanova“ an der Bastille zu sehen waren, stehen in dieser Saison außer „Othello“ noch sieben weitere Opern auf dem Programm, darunter im Mozart-Gedenkjahr „Figaro“ und „Die Zauberflöte“. Mit 79 Opernaufführungen, 19 Konzerten und vier Liederabenden sowie einer Kinderoper, Liederabenden und Kammerkonzerten bleibt man jedoch noch weit zurück hinter den Zielen, mit denen der 2,9 Milliarden Francs teure Neubau gerechtfertigt worden war. Die angepeilten 450 bis 500 Veranstaltungen, davon mindestens 250 Opernaufführungen, können „frühestens in drei Jahren“ ins Auge gefaßt werden, wie Generaldirektor George-Fran¿ois Hirsch zugibt.

Die USA haben nach einem Bericht der 'New York Times‘ jahrelang ein Geheimdossier über Pablo Picasso geführt. Die Zeitung berichtete am Sonntag, das FBI habe Picasso als „Sicherheitsfall C“ (für „Communist“) eingestuft und 27 Jahre lang beobachten lassen. Auch das US- Außenministerium interessierte sich für den „möglicherweise subversiven“ Künstler, der mit seinen Werken für Frieden und Abrüstung eintrat. Die Ermittlungen begannen im Jahr 1944. Damals veröffentlichte Picasso eine Erklärung mit dem Titel „Warum ich Kommunist geworden bin“. Das FBI sammelte daraufhin alle Angaben über Aufenthaltsorte und Äußerungen des Künstlers, der die USA kein einziges Mal besucht hat. Die 'New York Times‘ zitierte eine Freundin des Malers, die New Yorker Dozentin Dominique Desanti, mit den Worten, Picasso sei zwar Kommunist, aber niemals ein linientreues Parteimitglied gewesen. „Hätte er erfahren, daß er vom FBI beobachtet wird, so hätte er sich kaputtgelacht.“ Aber Picasso hätte „die surrealistische Qualität der Ermittlungen zu schätzen gewußt“.

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