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Ein Friedensschimmer für Liberia

Der von den westafrikanischen Staaten eingesetzte Chef der Übergangsregierung Amos Sawyer verhandelte mit Rebellenführer Charles Taylor über einen Friedensplan  ■ Von Willi Germundt

Johannisburg (taz) — Nach fast einjährigem blutigem Bürgerkrieg scheint es in dem westafrikanischen Staat Liberia erstmals Hoffnung auf Frieden zu geben. Der Rechtsanwalt Amos Sawyer, Chef einer Übergangsregierung, verkündete am Wochenende in Nigerias Hauptstadt Lagos, er habe erstmals mit dem Rebellenführer Charles Taylor gesprochen. Das Treffen sei positiv verlaufen. Charles Taylors Rebellenfront NPFL (Nationale Patriotische Front Liberias) kontrolliert weite Teile des Landes. Sawyer dagegen wurde von fünf westafrikanischen Staaten ins Amt gehievt, die mit insgesamt 9.000 Soldaten Taylors Truppe bekämpfen. Der Rebellenführer hatte sich seit dem Einmarsch der Truppen aus Ghana, Nigeria, Sierra Leone, Guinea und Gambia im August geweigert, an Verhandlungen über ein Ende des Bürgerkriegs teilzunehmen. Doch den meist jungen und unerfahrenen Rebellen unter Taylor, die auf knapp 10.000 Mann geschätzt werden, fiel es während der vergangenen Wochen immer schwerer, den westafrikanischen Truppen Paroli zu bieten. Nigeria setzte seine Luftwaffe ein, um Taylors Positionen zu bombardieren. Den „Ecomog“- Truppen, wie die westafrikanischen Einheiten genannt werden, war es gelungen, die NPFL bis auf 40 Kilometer vor der Hauptstadt Monrovia zurückzutreiben. In der letzten Woche umzingelten die Soldaten außerdem die Hafenstadt Buchanan, über die ein Teil des Nachschubs von Taylor kam.

Taylors liberianische Widersacher hatten schon vor Wochen der Installierung einer provisorischen Regierung zugestimmt. Dazu zählen die Reste der Armee des getöteten Diktators Samuel Doe, die sich immer noch in Monrovia verbarrikadiert halten. Auch Prince Johnson ist bereit, sich der Übergangsregierung unterzuordnen. Er hatte sich vor Monaten von Taylor getrennt. Sawyer gelang es durch geschicktes Taktieren, das Mißtrauen Taylors zu lindern. Um den Rebellenchef nicht zu verprellen, installierte er die Übergangsregierung bisher nicht in Monrovia. Statt dessen versuchte er es mit Reisediplomatie in Westafrika. Eine der Zwischenstationen: Burkina Faso, das Taylor in der Vergangenheit unterstützte.

Sawyer will Taylors NPFL zudem eine starke Position in der Übergangsregierung zubilligen. Außerdem hält er an der Idee allgemeiner Wahlen fest. Erst in der vergangenen Woche schlug Sawyer vor, ein solcher Urnengang solle von den Vereinten Nationen überwacht werden. Bis dahin allerdings sind noch einige Hindernisse zu überwinden. Nach Amos Sawyers Bemühungen aber ist nun nicht mehr ausgeschlossen, daß Taylor selbst oder eine Delegation bei Friedensverhandlungen erscheinen wird, die für den 27. November in Mali angesetzt sind.

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