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Charta von Paris

■ EIN NEUES ZEITALTER DER DEMOKRATIE, DES FRIEDENS UND DER EINHEIT (Auszüge) DOKUMENTATION

(...) Das nun ungeteilte und freie Europa fordert einen Neubeginn. Wir rufen unsere Völker dazu auf, sich diesem großen Vorhaben anzuschließen.

Wir nehmen mit großer Genugtuung Kenntnis von dem am 12. September 1990 in Moskau unterzeichneten Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland und begrüßen aufrichtig, daß das deutsche Volk sich in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und in vollem Einvernehmen mit seinen Nachbarn in einem Staat vereinigt hat. Die Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands ist ein bedeutsamer Beitrag zu einer dauerhaften und gerechten Friedensordnung für ein geeintes demokratisches Europa, das sich seiner Verantwortung für Stabilität, Frieden und Zusammenarbeit bewußt ist.

Die Teilnahme nordamerikanischer wie europäischer Staaten ist ein bestimmendes Merkmal der KSZE; sie liegt den in der Vergangenheit erzielten Erfolgen zugrunde und bleibt wesentlich auch für die Zukunft des KSZE-Prozesses. (...)

Die KSZE und die Welt

(...) Angesichts der Armut in einem großen Teil der Welt verpflichten wir uns zur Solidarität mit allen anderen Ländern. Wir wenden uns daher heute von Paris aus an alle Nationen dieser Welt: Wir sind bereit, die gemeinsamen Anstrengungen zur Förderung der Gesamtheit der grundlegenden menschlichen Werte mit allen und mit jedem einzelnen dieser Staaten zu tragen.

Leitsätze für die Zukunft

Ausgehend von unserem festen Bekenntnis zur uneingeschränkten Durchführung aller KSZE-Prinzipien und -Bestimmungen sind wir nunmehr entschlossen, neue Impulse für eine ausgewogene und umfassende Weiterentwicklung unserer Zusammenarbeit zu geben, um den Bedürfnissen und Erwartungen unserer Völker Rechnung zu tragen.

Menschliche Dimension

(...) Wir sind entschlossen, den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leben unserer Gesellschaften zu fördern, und verpflichten uns, deren Lage weiter zu verbessern. Wir bekräftigen unsere tiefe Überzeugung, daß freundschaftliche Beziehungen zwischen unseren Völkern sowie Friede, Gerechtigkeit, Stabilität und Demokratie den Schutz der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität nationaler Minderheiten und die Schaffung von Bedingungen für die Förderung dieser Identität erfordern. Wir erklären, daß Fragen in bezug auf nationale Minderheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend gelöst werden können. Ferner erkennen wir an, daß die Rechte von Angehörigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen. (...)

Sicherheit

(...) Die Gefahr von Konflikten in Europa hat abgenommen, doch es bedrohen andere Gefahren die Stabilität unserer Gesellschaften. Wir sind entschlossen, bei der Verteidigung der demokratischen Institutionen gegen Verletzungen der Unabhängigkeit, souveränen Gleichheit oder territorialen Integrität der Teilnehmerstaaten zusammenzuarbeiten. Dazu zählen illegale Aktivitäten unter Anwendung von äußerem Druck, Zwang und Subversion. (...)

Wirtschaftliche Zusammenarbeit

Wir betonen, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage der Marktwirtschaft ein wesentliches Element unserer Beziehungen darstellt und einen entscheidenden Beitrag zum Aufbau eines prosperierenden und geeinten Europas leisten wird. Demokratische Institutionen und wirtschaftliche Freiheit fördern wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, wie dies im Dokument der Bonner Konferenz über wirtschaftliche Zusammenarbeit, deren Ergebnisse wir nachdrücklich unterstützen, festgehalten ist. (...)

Umwelt

(...) Wir verpflichten uns, unsere Anstrengungen um den Schutz und die Verbesserung unserer Umwelt zu verstärken, um ein gesundes ökologisches Gleichgewicht in Luft, Wasser und Boden wiederherzustellen und zu erhalten. (...)

Kultur

Wir erkennen den wesentlichen Beitrag unserer gemeinsamen europäischen Kultur und unserer gemeinsamen Werte zur Überwindung der Teilung des Kontinents an. Wir unterstreichen daher unser Eintreten für die schöpferische Freiheit sowie für den Schutz und die Förderung unseres kulturellen und geistigen Erbes in all seinem Reichtum und all seiner Vielfalt. (...)

Nichtstaatliche Organisationen

Wir erinnern an die bedeutende Rolle, die nichtstaatliche Organisationen, religiöse u.a. Gruppierungen sowie Einzelpersonen bei der Verwirklichung der KSZE-Ziele gespielt haben, und werden deren Einsatz für die Durchführung der KSZE-Verpflichtungen durch die Teilnehmerstaaten weiter erleichtern. Diese Organisationen, Gruppierungen und Einzelpersonen müssen auf geeignete Art und Weise in die Tätigkeit und die neuen Strukturen der KSZE einbezogen werden, damit sie ihre wichtigen Aufgaben erfüllen können. Paris, 21.11.1990

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