: Kritik an Bush-Assad-Treffen
Erstes syrisch-amerikanisches Gipfeltreffen seit 13 Jahren/ Israel fühlt sich von den USA übergangen/ Schamir wartet auf Einladung nach Washington ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
US-Präsident Bush und der syrische Staatspräsident Assad werden heute in Genf zusammentreffen, um über die Golfkrise zu beraten. Der Sprecher des Weißen Hauses, Fitzwater, sagte, das Treffen sei vor allem von der Türkei und Ägypten arrangiert worden. Es ist die erste amerikanisch-syrische Begegnung auf Gipfelebene seit 13 Jahren. Zwei Tage vor dem geplanten Treffen hat der syrische Ministerpräsident Sohbi die US-Militär- und Finanzhilfe für Israel kritisiert.
Israelische Regierungsbeamte haben ihrer „großen Enttäuschung“ über das Treffen Ausdruck verliehen: „Man hat es versäumt, Israel von der geplanten Zusammenkunft in Kenntnis zu setzen“, beklagte sich ein hoher Regierungsbeamter.
Israel befürchtet eine weitere Annäherung Syriens und der USA „auf Kosten Israels“. Denn Washington ist an einer festen Einbindung Syriens in die antiirakische Allianz und folglich an einer Stabilisierung der syrisch-amerikanischen Beziehungen interessiert. Bei allem Verständnis für die von den USA einstweilen verordnete „low profile“-Rolle in der Golfkrise fühlt man sich in Israel nun doch brüskiert: Weder Baker noch Bush sind bei ihren Nah-Mittel- Ost-Besuchen in Israel abgestiegen, und die amerikanische Abneigung, Ministerpräsident Schamir unter den gegebenen Umständen nach Washington einzuladen, ist unschwer zu erkennen: Schamir wird in etwa vierzehn Tagen in New York erwartet, hat aber bislang noch keine Einladung nach Washington erhalten.
Aus israelischer Sicht erscheint es beunruhigend, daß der „engste Bündnispartner der USA und zugleich der einzige demokratische Staat im Nahen Osten“ jetzt antichambrieren muß, um ein Treffen ihres Ministerpräsidenten mit den politischen Führern des „großen Bruders“ zu erreichen, während Staaten wie Syrien, bis vor kurzem in den USA als „terrorismusfördernd“ verschrien, jetzt umworben werden. Diese Entwicklung wird in Israel als eine Entwertung des strategischen Bündnisses zwischen den USA und Israel interpretiert, und man sieht sich der Gefahr gegenüber, daß Syrien nach einer Beendigung der Golfkrise an einer Lösung des israelisch- palästinensisch-arabischen Konfliktes aktiv beteiligt werden könnte.
Die ausgesprochen kühlen Beziehungen zwischen Bush/Baker und Schamir, die nichts an den engen Beziehungen zwischen Israel und den USA ändern, kommen der US-Führung jetzt bei der Mobilisierung arabischer Regierungen gegen den Irak sehr zupaß. Die demonstrative israelische Empörung über das Bush-Assad-Treffen soll das Zustandekommen eines Schamir-Baker- Treffens unterstützen.
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