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Augen auf beim Stimmenkauf!

■ Gefälschtes Informationspapier zur Wahl in bremischen Stadtteilen entdeckt

Verwirrung stiftete jüngst ein Infoblatt eines gewissen „Wahlleiters des Bundeslandes Bremen“ in Findorff und Hastedt. Darin informiert dieser Anonymus die BürgerInnen über die Möglichkeit, Wahlausweise und somit Stimmen für die Bundestagswahl käuflich zu erwerben und gekaufte wieder zu veräußern. Zu diesem Zweck werden, heißt es, überall sogenannte „Transferlokale“ eingerichtet. Die Schrift ist natürlich gefälscht (daß uns ja keiner auf die Idee kommt, das zu glauben!).

Begründet werden diese „flankierenden Maßnahmen zur Praxis der Stimmübertragung“ mit der Rücksicht „auf viele unserer neuen und in Bremen ansässigen Mitbürger, denen der bundesrepublikanische Parlamentarismus noch neu ist“. Ihnen bleibt die Qual der Wahlentscheidung erspart. Dafür können sie ein wenig hinzuverdienen, zumal in Zeiten, wo „eine Zunahme wirtschaftlich schwächer gestellter Mitbürger (Stichwort: neue Armut)“ festgestellt werden muß.

Laut Flugblatt werden „für den An-und Verkauf von Stimmen... spätestens eine Woche vor der Wahl geeignete Transferlokale bereitgestellt.“ Die Benutzung solcher Lokale sei für jeden offen, allerdings müßten die stolzen MehrfachwählerInnen „jene Wahllokale aufsuchen, die auf den jeweils aufgekauften Wahlausweisen vermerkt sind“. Bei Aufkauf von Briefwahlunterlagen erübrige sich selbstverständlich diese Rücksichtnahme. Die Verkäufer könnten für Briefwahlunterlagen einen etwas günstigeren Erlös aushandeln.

Der echte Landeswahlleiter, Dieter Matthey, nimmt die Sache eher mit Humor, hält aber die FindorfferInnen und HastedterInnen offenbar für zu gutgläubig und weist deshalb ausdrücklich auf den mangelnden Wahrheitsgehalt des Schreibens hin.

Für die Parteien ist es ja eigentlich äußerst schade, daß die Möglichkeit der Stimmübertragung nur eine Ente ist, hätten sich doch verkaufswillige Wahlmuffel auch direkt an sie wenden können. Ganz besonders denke ich da an Oskar Lafontaine. Denn so wäre er, lediglich mit unwichtigen Nebenkosten verbunden, vielleicht doch noch Bundeskanzler geworden. Mark Fischer

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