Pleite bei Braunkohl und Ente

■ SPD-Fraktion mußte vier Tage sitzen und bewegte dabei 14 Millionen

Es gibt Dinge, an denen hat sogar der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner zu schwer zu tragen. So ein Ding ist der Haushaltsentwurf für 1991. Wie der Herr das Hündchen zog Dittbrenner gestern die gesammelten Unterlagen in einem großen, rollenden Koffer hinter sich her. Unterlagen, die Finanzsenator Grobecker erarbeitet hatte und die die Fraktion nun in vier langen Tagen, in Kleingruppen auch bis in die Nacht, diskutierte. 277 Wortmeldungen zählte Dittbrenner, eindeutiger Spitzenreiter dabei: Schwerarbeiter Claus Grobecker, der ja gerne von sich sagt: „Ich hab' keinen Ärger. Die anderen haben Ärger. Und zwar mit mir.“

„Etatrecht ist das vornehmste Recht der Parlamentarier“, heißt es so nett. Denn mit dem Haushalt legen die Volksvertreter fest, wofür die Regierung im kommenden Jahr wieviel Geld ausgeben darf. Die Wirklichkeit ist ein bißchen anders: „Zu 99 Prozent ist alles festgelegt“, wissen erfahrene Abgeordnete zu berichten. Und das eine Prozent, das bleibt, ist eigentlich durch geschicktes Taktieren im Hintergrund auch längst verteilt.

6,47 Milliarden Mark will die SPD-Fraktion ihren Senatoren im nächsten Jahr zur Verfügung stellen. Umstritten waren während des Redemarathons ganze 60 Millionen. Soviel Geld verlangten die DeputationssprecherInnen zusätzlich für ihres Erachtens „unabweisbarer Mehrbbedarfe“. Doch wie sie auch stritten, Grobi war stärker, redete den Abgeordneten ein ums andere Mal die katastrophale Haushaltslage Bremens ins Gewissen und rechnete den Betrag schließlich auf 14 Millionen Mark herunter. Ein Teilnehmer: „Grobecker ist sauer, wenn es ein Scherflein mehr gibt“.

Apropos Scherflein: Ein dreiviertel Jahr vor den Wahlen war der Bildungs- und Kultursenator der große Gewinner der Debatte. Zur Ruhigstellung von Scherfs Lehrer-und Künstlerklientel machte Grobecker denn doch seine Schatulle ein bißchen auf.

Doch sonst ging fast nichts mehr. Und weil das so ist und Not bekanntlich erfinderisch macht, hat SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner zwei Ideen. Erstens sollen Eltern und Kinder künftig ihre Schule selbst anpinseln, wenn die Farbe ablättert. Und zweitens sollen pensionierte Polizisten für den Verkehrsunterricht in den Schulen reaktiviert werden.

Wer so gut arbeitet, hat eigentlich auch ein gut Essen verdient. Weit gefehlt. Das Essen war das einzige, was die Harmonie störte. Braunkohl mit Ente und Senf berichtete Hobby-Koch Claus Dittbrenner, der von dieser Kombination heftig in seinem kulinarischen Weltbild gestört wurde.

Der einfache Abgeordnete dagegen stellt anschließend gefrustet fest: „Und dafür haben wir nun vier Tage gesessen.“

Rosi Roland