piwik no script img

Andreotti-Dossier bereinigt

■ Erste und zweite Version:

Das am 17. Oktober 1990 von Regierungschef Andreotti an die „Kommission zur Aufklärung der Bombentattentate und des Terrorismus“ übergebene Dossier bildete den Ausgangspunkt für den nationalen wie internationalen Skandal — speziell seit er es, kurz nach Ablieferung, noch einmal zurückholte und um zwei Seiten kürzte. Dabei hat er vor allem jene Passagen getilgt, die auf die internationalen Aspekte hinwiesen. Im folgenden publiziert EUROTAZ Auszüge aus Punkt 5 des Dossiers, aus dem die Fortexistenz von Gladio auch nach dem Kalten Krieg hervorgeht; die nachträglich gestrichenen Passagen sind kursiv hervorgehoben.

5. Anweisungen für den ,nicht- orthodoxen Krieg‘

Von den achtziger Jahren an hat die Abnahme der Erfordernisse, die die vorangehenden Anweisungen der Nachkriegszeit und die radikalen Umgestaltungen der Zuordnung der italienischen Geheimdienste geprägt hatten, eine Revision der Art und Weise der Realisierung des ,nicht-orthodoxen Krieges‘ veranlaßt, auch hinsichtlich einer Beachtung von Verträgen, die unser Land unterschrieben hat. In diesem Zusammenhang stehen die Direktiven von SHAPE, speziell diejenigen über den nicht-orthodoxen Krieg vom Januar 1969, und die im Rahmen der Alliierten Kontrollkommission (ACC) getroffenen Vereinbarungen, zur Einrichtung qualifizierter Kader im Rahmen des SISMI (militärischer Geheimdienst, d. Red.), die imstande sind, externe Personen für den Fall einer Invasion zu verdeckten militärischen Aktionen auszubilden, wie a)Information und Propaganda, b) Ausbruch und Verbringen ins Ausland, c) Guerilla, d) Sabotage und Gegensabotage.

Die Führung bei Aktionen liegt ... ausschließlich beim Personal des SISMI, der bei Auftreten des Notstandes die auf unserem Territorium eingerichtete nationale Basis aktiviert.

In Friedenszeiten verrichtet diese Basis auch die Aufgabe der Ausbildung für den verdeckten Kampf und richtet Materialdepots ein; sie trägt den Decknamen „Centro addestramento guastatori paracadutisti“ (Zentrum zur Ausbildung von Fallschirmjäger- Pionieren)...

Für die verdeckten Operationen ist anfangs die Beschäftigung von circa 1.000 Personen vorgesehen, von denen einige Hundert bereits rekrutiert und für ihre Tätigkeit ... ausgebildet sind.

Die Haupttätigkeit in Friedenszeiten betrifft im wesentlichen — die Rekrutierung geeigneter Personen, die Kommandofunktionen übernehmen können, sowie solcher mit Spezialistenwissen; — die Ausbildung des rekrutierten Personals; — gemeinsam mit den Alliierten veranstaltete Übungen; — Vorbereitung zur Requirierung und langfristigen Bereitstellung von Material für den Transport; — die operative Anpassung; — die Kontrolle des bereits rekrutierten Personals zwecks Gewährleistung der Sicherheit; — Erfahrungsaustausch mit den verbündeten Geheimdiensten.

Die Rekrutierung des „zivilen“ Personals geschieht in vier unterschiedlichen Phasen: Erkennen geeigneter Personen, Auswahl, Einfügung und Kontrolle. Es gibt keine Ausschlüsse nach Geschlecht oder Alter...

Alle Dokumente auf diesen Seiten von Werner Raith

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen