piwik no script img

Regierung mit schwarzer Klammer

■ CSU verliert an bundespolitischem Gewicht/ FDP läuft Bayern den Rang ab/ DSU völlig am Ende

München (taz) — Es hilft nichts. Auch wenn CSU-Chef Theo Waigel und der bayerische Ministerpräsident Max Streibl wie Gebetsmühlen am Wahlabend immer wieder den einen Satz herunterleiern: „Ohne die CSU kann nicht regiert werden“ steht nach dieser Bundestagswahl fest: Die Schwarzen mußten Federn lassen und haben an bundespolitischem Gewicht verloren. Die FDP mit ihrem zweistelligen Ergebnis hat der CSU den Rang abgelaufen. Im Vergleich zur vergangenen Bundestagswahl verlor die CSU über vier Prozent und sackte auf 51,2 Prozent ab. „Wir sind die Klammer, ohne die CDU und FDP nicht regieren könnten“, versuchte CSU-Chef Waigel am Tag danach, gestern in der Münchner CSU-Parteizentrale, das Bild einer starken, ungebrochenen CSU heraufzubeschwören. „Selbstbewußt“ gehe die CSU in die Koalitionsverhandlungen.

Wie CSU-Generalsekretär Erwin Huber noch am Wahlabend einräumte, erlitt die CSU vor allem bei ihrer Stammwählerschaft, den Bauern, Einbrüche. Ob die CSU das Agrarministerium behalten will, darüber wurde bereits vor der Wahl spekuliert.

Auch gestern wollte sich CSU- Chef Waigel nicht eindeutig dazu äußern. Mit dem Hinweis, daß dieses Ergebnis zwei Jahre nach dem Tod von F.J.S. doch beachtlich sei, versuchte der müde und erschöpft wirkende Waigel bei der Bonner Runde die Schlappe zu vertuschen. Wie nicht anders zu erwarten, verschwand auch ihre Satellitenpartei DSU fast gänzlich von der Bildfläche. 0,1 Prozent konnte die DSU gerade mal so ergattern. Trotzdem versichert die CSU-Führung immer wieder, daß nichts sie trennen könnte. Freilich empfahl Waigel der DSU gestern, sich auf Thüringen und Sachsen zu beschränken.

Lange CSU-Gesichter gab es auch als sich herausstellte, daß nicht nur der Nürnberger Ex-Wohnungsbauminister Oscar Schneider — damit wurde in CSU-Kreisen fast gerechnet — sondern auch Ex-Regierungssprecher Jonny Klein in ihren Wahlkreisen das Direktmandat verloren. Geschlagen wurden beide von zwei „roten Königinnen“ der bayerischen SPD. Strahlende Siegerin war in Nürnberg die SPD-Spitzenkandidatin Renate Schmidt. Mit diesem Sieg verbessern sich auch ihre Chancen, im nächsten Jahr den SPD-Vorsitz zu übernehmen. In München Mitte war es die SPD-Frauenpolitikerin Ulrike Mascher die dem Davidoff-Raucher Klein seine zweite Wahlschlappe in diesem Jahr beibrachte. Erfolgreich für die bayerische SPD, jedoch knapp am persönlich gesteckten Ziel vorbei, nämlich ein Direktmandat zu erhalten, schoß das neue SPD-Zugpferd, der Ex-Grüne Otto Schily. Die ersehnten Fahrkarte nach Bonn über den Umweg Bayern hat er damit jedoch in der Tasche. „Ich habe den Stabhochsprung über das Münchner Siegestor nicht geschafft“, witzelte der Rechtsanwalt deshalb locker über seinen „Griff nach den Sternen“. lui

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen