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Bodenprivatisierung in Rußland mit Einschränkung

Moskau (ap/dpa) — Rund 60 Jahre nach der gewaltsamen Enteignung der Bauern in der Sowjetunion hat der Kongreß der Volksdeputierten der Russischen Föderation am Montag die Dekollektivierung der Landwirtschaft beschlossen. Danach können die Bauern zukünftig das von ihnen bisher kollektiv bearbeitete Land als Eigentum erwerben. Der freie Landverkauf wurde allerdings durch eine Klausel erheblich eingeschränkt, daß das Land erst nach zehn Jahren weiterverkauft werden darf und dann auch nur an örtliche Sowjets als Stellvertreter des Staates abgegeben werden kann. Diese Einschränkung wurde mit 602 gegen 369 Stimmen angenommen. Das von den Deputierten verabschiedete Gesetz ist eine abgemilderte Version einer bereits vom Obersten Sowjet Rußlands gebilligten Vorlage. Der Präsident der Russischen Föderation, Jelzin, nannte die Entschließung einen Kompromiß. Jetzt muß die Reprivatisierung des landwirtschaftlich genutzten Bodens noch vom zentralen Parlament der Sowjetunion gebilligt werden. Die drei baltischen Republiken Litauen, Lettland und Estland, die ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärt haben, haben bereits ähnliche Gesetze erlassen. Es wird erwartet, daß das neue Parlament von Georgien, in dem die Kommunisten keine Mehrheit mehr haben, ebenfalls die Entkollektivierung beschließen wird.

Diese Entscheidung der von Radikalreformer Boris Jelzin geführten russischen Sowjetrepublik ist eine empfindliche Niederlage für den sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow. Dieser hatte in den vergangenen Tagen in dem wohl umstrittensten Thema der sowjetischen Innenpolitik selbst das Wort ergriffen und sich gegen die Privatisierung des Landbesitzes ausgesprochen.

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