: Abrüstung wird so nicht betrieben
■ betr.: U-Boote in Rostock-Warnemünde
betr.: U-Boote
in Rostock-Warnemünde
Viele Menschen strömen zum Warnemünder Passagierkai. Es gibt etwas im Hafen zu sehen. Ein Kriegsschiff und drei U-Boote der Bundeswehr liegen vor Anker. Aber nicht allein das ist es, was zieht. Nein, sie sind auch zur Besichtigung freigegeben. Und schon reihen sich die Ostler vor dem Schiff zur gewohnten Schlange auf, vor den U-Booten bilden sich gar Trauben, so groß ist das Interesse. Und wenn man endlich drauf ist, kann der Kitzel beginnen, die Technik, die soviel zerstören kann, wird bewundert. Alt und Jung drängen sich, jeder will alles sehen. Herumstehende Matrosen geben freundlich Auskunft oder sogar kleine Führungen.
Öffentlichkeitsarbeit, so wird das genannt. Die Bundeswehr, die sich in den letzten Jahren nicht gerade steigender Beliebtheit erfreuen konnte, wirbt um die Gunst der Leute. Und natürlich gehen eine Menge Leute auch prompt in die Falle.
Militär war im Osten Deutschlands bisher etwas streng Geheimes. Der Normalbürger durfte nichts sehen und erfahren. Das hat vielleicht so manchen natürlichen Abstand begünstigt. Doch nun ist es auf einmal zum Anfassen. Noch dazu sind die Uniformierten freundlich, eine selten dagewesene Erfahrung im ehemaligen DDR-Alltag. Da wird doch die Armee fast etwas für die Kinderstube, man kann das Spielzeug angucken und staunen. Anscheinend vergessen hier viele, was sie besichtigen. Schließlich handelt es sich nicht um eine Bastelanlage, sondern um Kriegsmaschinen.
Die Abrüstung, von der viele gerne nur reden, wird so nicht betrieben. Wer Werbung macht — und darum handelt es sich hier in Rostock-Warnemünde —, der will zumindest seinen Bestand sichern, nicht aber radikal abbauen.
Wie schmerzvoll für einen hartgesottenen Offizier die Auflösung einer Armee verläuft, haben die Bundeswehroffiziere bei ihren ehemaligen NVA-Kollegen verfolgen können. Davor, so ahnt man auch hier, wollen sie sich bewahren. Benedikt Schirge, Zuhlen
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