Ein Wasserbüffel und Yoko Ono

■ „Hardball“, künftig jeden Freitag um 20.00 Uhr auf Sat.1

Harte Bälle sind es in der Tat, die sich Charlie Battles und Joe Kaczierowsky, der der Einfachheit halber Kaz gerufen wird, zuspielen — verbal, wenn sie gemeinsam auf Verbrecherjagd gehen, und real, wenn sie nach Dienstschluß auf dem Baseballfeld miteinander wetteifern. Gegensätzlichere Partner kann man sich kaum vorstellen: Charlie hat nur noch wenige Jahre bis zum Pensionsalter, lebt ungesund und ist als unleidlicher, aufbrausender Einzelgänger verschrien. „Sturer als ein tauber Wasserbüffel“, sei er, meint einmal sein Vorgesetzter, und Charlie tut alles, diesem Ruf gerecht zu werden. Der wesentlich jüngere Kaz dagegen trägt rückenlange Haare, führt eine schwere Maschine und verbirgt unter seinem langen Staubmantel ein großkalibriges Gewehr. Er ist der gelassene Typ, der Konfuzius zitiert und gesundes Essen bevorzugt. „Sie sind nicht von der Polizei; das ist unmöglich“, schnauzt Charlie anläßlich ihrer ersten Begegnung. „Die haben erzählt, da kommt ein gerissener Agent aus Riverside. Statt dessen kommt hier Yoko Ono.“ Kaz, auch nicht auf den Mund gefallen, kontert angemessen: „Ich hab' auch schon so 'ne Frisur wie Ihre versucht, aber ich kriege meinen Scheitel nicht so breit...“ Die beiden mögen sich, das erkennen erfahrene Zuschauer sofort, zumal wenn sie den einen oder anderen Kinofilm des sogenannten „Buddy“-Genres gesehen haben. Zwei Cops, die eigentlich überhaupt nicht zusammenpassen, aber sich allmählich im Laufe dienstlicher Verpflichtungen murrend anfreunden — diese Konstellation gab es in vielen US-amerikanischen Actionfilmen der letzten Jahre.

Die Produzenten von Hardball haben entliche davon gesehen und ihre Krimiserie ganz auf das noch immer erfolgreiche Konzept abgestimmt. Selbst die Besetzung weist noch auffällige Parallelen beziehungsweise Übereinstimmungen mit Kinofiguren auf. So könnte der langhaarige Kaz fast als Doppelgänger Kurt Russells durchgehen, was an der Ähnlichkeit des Schauspielers Richard Tyson mit Russell liegt und auch an der Figur, die er darstellt. Ihm zur Seite stellte man einen Mann, der sich im Kino bereits bewährt hat. John Ashton spielte in beiden Filmen um den Beverly Hills Cop Eddie Murphy den Sergeant Taggart. Um diesen Charlie Battles glaubwürdig spielen zu können, benötigte Ashton wohl keine lange Vorbereitungszeit, so ähnlich ist die Rolle derjenigen aus Beverly Hills Cop. Einzig sein Filmpartner Judge Reinhold wurde durch den weniger saturiert wirkenden Richard Tyson ersetzt, den das Sat.1-Info als „Späthippie“ und „Woodstockveteranen“ beschreibt, was die Sache nicht trifft, denn mit den sorgfältig zurückgekämmten, sichtlich aufwendig gepflegten Haaren wirkt Kaz eher wie ein Fotomodell aus der Remy-Martin-Werbung. Ausgestattet wurde er mit den Attributen typischer Walter- Hill-Figuren: langer Staubmantel, schwere Waffe, Motorrad, und dies ist wiederum bezeichnend dafür, wie Hardball aus Versatzstücken bekannter Kinofilme zusammengebastelt wurde. Den Vorbildern gemäß sind die Actionszenen aufwendig und sauber gemacht, verzichten aber, dem Medium angemessen, auf blutige und übermäßig gewalttätige Szenen.

Seit dem vergangenen Jahr läuft Hardball in den USA und ersetzte dort Miami Vice. Die Serie ist, soweit sich das anhand des Pilotfilms beurteilen läßt, humorvoll und spannend, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß im Grunde nur altbekannte Konstellationen für das Fernsehen aufbereitet wurden, eine Reißbrettserie also. Retortenproduktionen dieser Art werden wir künftig wohl häufiger zu sehen bekommen, starteten doch erst in diesem Jahr einige neue Reihen, die der 'Rolling Stone‘ kurz und bündig als „dull and punchless“ abqualifizierte, darunter TV-Versionen von Kinohits wie Ferris macht blau oder Eine Wahnsinnsfamilie. Immerhin — „dullness“ kann man Charlie Battles und Joe Kaczierowsky kaum nachsagen. Harald Keller