Sechs Tote nach ETA-Anschlag

Madrid (taz) — Sechs Polizisten fielen am vergangenen Samstag im katalonischen Sabadell einer Autobombe der ETA zum Opfer, zwei weitere Polizisten sowie acht Passanten wurden bei dem Anschlag verletzt. Mit ihrem blutigsten Anschlag in diesem Jahr stellt die baskische Untergrundorganisation — oder zumindest eine ihrer Fraktionen — erneut klar, wo ihre Ziele in der nächsten Zeit liegen werden: nicht nur in Sevilla, wo im Jahr 1992 die Weltausstellung stattfinden wird, sondern auch in Barcelona, wo die Olympischen Spiele 1992 abgehalten werden.

Der Zeitpunkt des Anschlags fällt mit Aktivitäten der Regierung zusammen, die Verhandlungen über ein Ende des bewaffneten Kampfes mit der ETA aufgenommen hat oder sie aufnehmen will — diesmal in Santo Domingo, wohin der ETA- Führer Eugenio Etxebeste „Antxon“ deportiert worden ist. Seit den letzten Verhandlungen, die im Frühjahr89 in Algerien gescheitert waren, sind offiziell keine Kontakte mehr zwischen der ETA und der Regierung aufgenommen worden, und auch diesmal wurde die Gesprächsaufnahme offiziell dementiert.

Doch neben dem Nachweis einer intensiven Reisetätigkeit gewisser Politiker nach Santo Domingo, der von der Wochenzeitung 'Cambio16‘ geführt wurde, lassen noch weitere Anzeichen auf Bemühungen der Regierung schließen, das Problem ETA vor 1992 zu lösen. Erst vor wenigen Tagen erklärte der Generaldirektor der Gefängnisse, Antoni Asuncion, auch gefangene Mitglieder der ETA, die für Bluttaten verurteilt seien, könnten bei entsprechendem Verhalten mit Hafterleichterungen sowie eventuell Wiedereingliederung in die Gesellschaft rechnen. Bislang waren von den Wiedereingliederungsmöglichkeiten für reuige „Terroristen“ solche mit „Bluttaten“ ausgeschlossen worden. Andererseits hatte die ETA immer eine Amnestie für lediglich einen Teil ihrer Gefangenen ausgeschlossen. Asuncions Bemerkung, der ein Dementi seitens des Innenministers José Corcuera auf dem Fuße folgte, darf als Testballon angesehen werden — wenn die Gegenreaktion nicht allzu hart ausfällt, wären hier vielleicht Zugeständnisse an die bewaffnete Gruppe möglich. Der Anschlag spricht gegen eine solche Perspektive. Antje Bauer