Designiertem DGB-Chef Müller fehlt das Parteibuch

■ HBV-Vorsitzender zog völlig überraschend seine DGB-Kandidatur zurück

Berlin. Drei Tage vor der Wahl hat Manfred Müller das Handtuch geschmissen. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen galt als der aussichtsreichste Kandidat bei der außerordentlichen Landesbezirkskonferenz des DGBs am Freitag für die Wahl zum Nachfolger des jetzigen DGB-Vorsitzenden Michael Pagels.

Zum Kandidaten nominiert wurde Müller Ende November von den Vorsitzenden fast aller Einzelgewerkschaften. Manfred Müllers Gegenkandidatin Christiane Bretz, hauptamtliches Mitglied des Berliner DGB-Vorstandes, unterlag mit zwölf zu acht Stimmen bei zwei Enthaltungen. Die endgültige Wahl am Freitag versprach spannend zu werden, denn Christiane Bretz hielt trotz ihrer Niederlage bei den Gewerkschaftsvorsitzenden ihre Kandidatur aufrecht. Als sicher galt, daß Delegierte der IG Medien, der Gewerkschaft Textil und Bekleidung, der GdP und der ÖTV für Christiane Bretz stimmen wollten.

Müllers Entscheidung, nun doch nicht den Kampf um den DGB-Vorsitz aufzunehmen, hat nur in zweiter Linie mit der überraschenden Gegenkandidatur zu tun. »Ich wollte zwar nie als ein Männerkandidat gegen eine Frau auftreten«, sagte Müller, »aber das hat sich unglücklicherweise so ergeben.«

Den entscheidenden Grund zurückzutreten lieferte am Montag ein Gespräch mit dem Bundesvorstand in Düsseldorf. »Ich hatte den Eindruck«, sagte Müller, daß der Bundesvorstand viel mehr an meiner fehlenden parteipolitischen Orientierung interessiert war als an meinen Perspektiven für die zukünftige DGB-Arbeit in Berlin.« Deutlich sei ihm vermittelt worden, daß er ein »rot-grüner Kandidat« wäre und daß »jetzt Rücksicht genommen werden müßte auf die große Koalition«. »Völlig unterschätzt habe ich auch«, so Müller weiter, »daß bei den zentralistischen Strukturen im DGB der eigenständige Berliner Handlungsspielraum sehr eng ist.« Mit seinem Rücktritt sei es jetzt denkbar, daß Christiane Bretz Vorsitzende wird und als Stellvertreter ein CDA-Kandidat gewählt wird. aku