: Algerien will am Golf vermitteln
■ Staatspräsident Benjedid bemüht sich um saudisch-irakische Gespräche/ Neuer Verteidigungsminister in Bagdad signalisiert Kriegsbereitschaft/ Streit um Termin für Baker-Reise
Washington/Bagdad (ap/dpa/ taz) — Während die US-Regierung und der Irak sich weiterhin über einen Termin für die Reise Außenminister Bakers nach Bagdad streiten, sind fieberhafte Bemühungen um eine arabische diplomatische Lösung der Krise am Golf in Gang gekommen. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Reise des algerischen Präsidenten Benjedid nach Amman, Bagdad und Riad, wo er angeblich ein Treffen zwischen Saddam Hussein und dem saudischen König Fahd zu arrangieren versucht. Saddam Hussein, so heißt es, wäre ein solches Treffen noch wichtiger als eines mit Bush. Gleichzeitig gab der irakische Staatschef die Ernennung eines neuen Verteidigungsministers bekannt. Saadi Tuma Jubouri wird im Irak als Held des Krieges mit dem Iran gesehen, er kommandierte die erfolgreiche Verteidigung der südirakischen Stadt Basrah gegen die iranischen Truppen. Die Ernennung unterstreiche Beobachtern zufolge die Kriegsbereitschaft der Bagdader Regierung.
Das State Department in Washington beschuldigte am Mittwoch die Führung in Bagdad, eine Vereinbarung über den Reisetermin Bakers zu blockieren. Der Irak hatte den 12.Januar vorgeschlagen — drei Tage vor dem Ablauf des vom UN- Sicherheitsrat beschlossenen Ultimatums; die Bush-Administration will das Treffen spätestens am 3. Januar stattfinden lassen. Doch auch Washington versucht gegenwärtig, im Nahen Osten Zeit zu gewinnen: Zeit für seinen treuen, im Zuge der Golfkrise an den Rand gedrängten Verbündeten Israel. Israels Ministerpräsident Schamir hat bei seinem Besuch in Washington erfolgreich durchgesetzt, daß die Bush-Administration die Verabschiedung einer seit vier Wochen diskutierten, israelkritischen Nahostresolution weiter blockiert. Die Behandlung des Entwurfs wurde am Mittwoch zum dritten Mal in einer Woche verschoben. Als neuer Beratungstermin wurde der kommende Montag angesetzt.
Wie aus diplomatischen Kreisen verlautete, möchte die UdSSR ihrerseits vor der Abstimmung über die Resolution noch Gespräche mit der palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) führen. Es werde mit einem Treffen zwischen PLO-Chef Arafat und dem sowjetischen Außenminister Schewardnadse noch in dieser Woche gerechnet.
Schewardnadse wollte nach seinem USA-Besuch, wo er am Mittwoch abend auch mit Israels Ministerpräsident Schamir konferierte, in die Türkei weiterreisen. Schewardnadse kündigte seinerseits nach seinem überraschenden Washingtoner Treffen mit Schamir an, daß die UdSSR die seit 1967 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen mit Israel auch ohne die Zustimmung des jüdischen Staates zu einer Nahostkonferenz wieder aufnehmen wollen. Die politischen wie auch die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Staaten entwickeln sich bereits rapide: Im Lauf der kommenden Woche wird das israelische Generalkonsulat in Moskau eröffnet.
Der erste US-Kriegsdienstverweigerer, der sich nicht an den Golf schicken lassen wollte, der 22jährige Jeffrey Paterson, ist am Mittwoch aus dem Dienst entlassen worden. Er erhielt seinen Restlohn und ein Flugticket nach Hause. Patersons Anwalt äußerte, das Militär habe so gehandelt, um weitere negative Publizität zu vermeiden. Paterson, der sich vor vier Jahren als Berufssoldat verpflichtet hatte, hatte sich Ende August geweigert, nach Saudi-Arabien geflogen zu werden.
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