Ist Krieg die einzige Lösung?

■ betr.: "Zwischen München und Bagdad" von Benny Peiser, taz vom 11.12.90

betr.: „Zwischen München und Bagdad“ von Benny Peiser,

taz vom 11.12.90

[...] Wer dem Massenmörder und Kriegsverbrecher Saddam Hussein bei seiner Raub- und Totschlagspolitik auch nur einen Millimeter kompromißbereit entgegenkommt, leistet Demokratie und Menschenrechten einen Bärendienst, rechtfertigt nachträglich den von Saddam angezettelten Golfkrieg, die Massenvergasung von Minderheiten im Irak und den Raubüberfall auf Kuwait. Daß man mit einem schmutzigen Massenschlächter und Folterer im Interesse des Überlebens vieler Unschuldiger überhaupt verhandeln muß, ist schon eine beinahe unerträgliche Zumutung für jeden gerecht denkenden Menschen. [...]

Den Überfall Husseins mit dem Palästinenserkonflikt in Zusammenhang zu bringen, das ist ein Saltomortale politischer Art, der nur im Interesse der Feinde Israels liegen kann. [...] Hartmut Wagner, Schwerte

Nun wird auch in der taz wieder die Kriegstrommel gerührt. Benny Peiser tut dies in alter Handwerksart, indem er den Krieg als Präventivkrieg darstellt. Dabei vermeidet er das Reizwort Krieg fein säuberlich, obwohl er sich eindeutig in dieser Richtung festlegt. Da Vaterland und Freiheit sich nicht bemühen lassen, wird an unser antifaschistisches Gewissen appelliert. Wo aber waren solche Appelle, als Saddam Hussein tatsächlich einen großen Krieg vom Zaun brach, nämlich gegen den Iran, und die US-Flotte zu seinem Flankenschutz aufmarschierte, als er die kurdische Zivilbevölkerung mit Giftgas angriff? Damals erhöhte die Bundesregierung rasch die Militärhilfe für die Türkei — auch Flankenschutz?

Daß der Irak, Pakistan, Israel und Südafrika nach Atomwaffen streben beziehungsweise die beiden letztgenannten vermutlich welche besitzen, ist sicher ein Problem, aber ist Krieg die einzige Lösung? Wenn die Regierungen Saudi-Arabiens, Syriens und Ägyptens tatsächlich über die Golfkrise stürzen sollten — was Peiser mit einem ebenso vielsagenden, wie unterschwelligen Hinweis auf arabische Stimmungen belegt — so dürfen wir unsere Tränen für ungerechtere Ereignisse aufheben.

Wenn es eine Parallele zwischen Hitler und Saddam Hussein gibt, so liegt sie nicht in dem Potential ihrer tatsächlichen Möglichkeiten, sondern in der Art, wie die Großmächte einen Diktator hochkommen lassen, weil er ein stiller Verbündeter ist. Vorgestern Hitler gegen Stalin und die Revolution (zum Beispiel in Spanien), gestern Hussein gegen Chomeini, morgen vielleicht Özal gegen Hussein.

Was dieser Kommentar hinter seiner Rhetorik verbirgt, ist die Angst, die USA könnten sich irgendwann gezwungen sehen, eine Lösung zu suchen, die ohne Krieg und Hungerblockaden zu haben ist und wenigstens einen Teil der Probleme wirklich angeht, nämlich Israel zum Rückzug aus den besetzten Gebieten zu veranlassen. In Umkehrung der von Peiser verbreiteten Logik, möchte ich behaupten, daß ein Krieg keinen Frieden in Palästina und dem übrigen Nahen Osten bringen wird, sondern daß die daraus entstehende Radikalisierung nur der nächste Vorwand für die weitere Besetzung und schleichende Annexion sein wird. Das will Schamir, und seine Kriegstrommler müssen behaupten, es geschehe für den Frieden, wie bei allen Kriegen. Jan Keetman, Freiburg