USA prangern Embargoverstöße an

Bundesregierung prüft US-Liste mit fünfzig bundesdeutschen Firmen, die gegen das Irak-Embargo verstoßen haben sollen — Siemens-Tochter soll Irak bei Atombombenentwicklung geholfen haben  ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski

Die Bundesregierung hat bestätigt, von den Amerikanern eine Liste von rund fünfzig bundesdeutschen Unternehmen erhalten zu haben, die das Embargo gegen den Irak unterlaufen sollen. Das zuständige Wirtschaftsministerium überprüfe die Informationen. In einigen wenigen Fällen, „wo es notwendig schien“, sei eine Außenwirtschaftsprüfung angeordnet, sagte der Sprecher der Bundesregierung, Vogel. Deren Ergebnisse lägen noch nicht vor.

Die Liste ist nach Darstellung der Bundesregierung das Ergebnis des von den Amerikanern abgehörten irakischen Telefon- und Telefaxverkehrs. Von Regierungssprecher Vogel wurde angemerkt, daß die Liste „zumindest zum Teil auf Fehlinformationen beruht“. Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Franzen, sprach gar von „Kuriosa“ unter den Hinweisen. Nicht ausgeschlossen wird aber, daß darunter auch Hinweise auf Firmen sind, die auch nach dem Embargobeschluß auf Umwegen in den Irak liefern wollten.

'Der Spiegel‘ hatte von Lieferungen deutscher Firmen über die Türkei, den Iran und Jordanien berichtet. So soll ein norddeutsches Laborunternehmen Ende November geplant haben, Ausrüstungen nach Bagdad zu verschiffen. Zwei süddeutsche Firmen sollen nach Angaben der Amerikaner dem Irak bei der Entwicklung von Nervenkampfstoffen geholfen haben.

Die Meldung des Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel‘, die Siemens- Tochter Interatom habe den Irak bei der Entwicklung der Atombombe unterstützt, wurde von Sprechern der Bundesregierung und dem Unternehmen zurückgewiesen. Es habe sich um einen Ausbildungsvertrag mit irakischen Stellen und die Lieferung einer Werkstatteinrichtung gehandelt. Beides sei von Regierungsstellen nicht als „sensibel“ eingestuft worden. Auf Intervention der Bundesregierung sei der Vertrag aber noch vor Beginn des Irak-Embargos gestoppt worden.

'Der Spiegel‘ berichtet, die „Interatom“ habe im Sommer 1989 mit der für den Einkauf von Nukleartechnik zuständigen irakischen Firma Industrial Projects Company einen weitreichenden Vertrag abgeschlossen. Danach wurden Ende 1989 in der Bundesrepublik 22 irakische Techniker und Ingenieure, teilweise in hochsensiblen Bereichen, ausgebildet. Vereinbart worden sei auch die Lieferung von Maschinen und Anlagen, die für den Nuklearbereich bedeutsam seien.

Im Bonner Wirtschaftsministerium wurde nicht dementiert, daß das Außenministerium im Zusammenhang mit dem Interatom-Vertrag vor „politischen Komplikationen“ warnte. Obwohl nichts den Schluß zuließ, daß die Ausbildung und die zu liefernden Maschinen für „Atomspezifisches“ genutzt werden sollte, sei man einen diesbezüglichen „Verdacht nicht losgeworden“, hieß es im Wirtschaftsministerium.

Von der Siemens-Tocher wurde der 'Spiegel‘-Bericht als „vollkommen falsch und unbegründet“ zurückgewiesen. Interatom habe lediglich in Bagdad mit dem Aufbau eines Werkstattgebäudes für die Rohrverarbeitung begonnen. Die Maschinenausstattung sollte nach irakischer Darstellung für die Bereiche Petrochemie, Pharmazeutik und Lebensmittel eingesetzt werden, erklärte ein Interatom-Sprecher. Auch die 22 Techniker seien auf „Gebieten allgemein zugänglichen Lehrbuchwissens“ unterrichtet worden, unter anderem im Schweißen.