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Den bürokratischen Knüppeln trotzen

■ »Qualifizierungsinitiative« bietet Immigrantinnen eine Ausbildung zur Erzieherhelferin an

Berlin. ImmigrantInnen haben besonders große Schwierigkeiten, eine berufliche Ausbildung zu erhalten. Doch seit dem Frühjahr 1990 hat die Senatsverwaltung für Frauen eine »Qualifizierungsinitiative« ins Leben gerufen, die der ständigen Behinderung einer beruflichen Eigenständigkeit entgegentreten will. Sie bietet Immigrantinnen eine Qualifizierung zur Erzieherhelferin an.

Schwierigkeiten bereiten den Teilnehmerinnen vor allem die rechtlichen Paradoxa und familiäre Probleme. Für ein Qualifizierungsprogramm braucht man eine Arbeitserlaubnis, die man nur bekommt, wenn man eine Arbeit vorweisen kann.

Die 25jährige Iranerin Saliha B. ist vor Jahren mit ihrem Mann nach Berlin gekommen. Da nur sein Asylgesuch anerkannt wurde, besitzt sie keine Arbeitserlaubnis. Während ihr Mann hier in Berlin studieren konnte, lebte sie als Hausfrau und Mutter. Auch wenn sich ihr Mann nicht direkt gegen ihre Ausbildung stellt, ist sie dem zunehmenden Druck ausgesetzt, den ganztägigen Unterricht mit der vorher ebenfalls ganztägigen Hausarbeit und Kinderbetreuung zu verbinden.

Für die 33jährige Türkin Bedya H. ist die Ausbildung eine Möglichkeit, endlich aus der Fabrik herauszukommen, in der sie 16 Jahre lang gearbeitet hat. Beiden gibt die Ausbildung zusammen mit anderen Immigrantinnen »ein großes Gefühl der Sicherheit«. Sie schwärmen davon, wie »eine einzige Familie zu sein«. Viele Frauen nehmen die Spannungen und Schwierigkeiten in ihrer Familie auf sich, um endlich ein eigenständiges Leben führen zu können.

In zwei verschiedenen Unterrichtsstufen können die Frauen entweder einen Pädagogikkurs belegen oder den notwendigen erweiterten Hauptschulabschluß nachholen. Die beiden Qualifizierungsstränge sollen den Immigrantinnen als Vorbereitung auf eine berufsbegleitende Ausbildung dienen. Zum einen durch die schulische Förderung, zum anderen können die Frauen im Pädagogikkurs ihre Deutschkenntnisse verbessern. Damit ist auch eine schnellere Integration möglich.

ErzieherIn gilt als schlechtbezahlter Beruf, den immer weniger Menschen ausüben wollen. Auch die Berliner ÖTV würde niemanden guten Gewissens dazu raten können, diese Arbeit zu ergreifen — in diesem Sinne jedenfalls äußerte sich der ÖTV-Vertreter Fischer. »In gewisser Weise könnte man schon den Eindruck bekommen«, gibt die Koordinatorin der Qualifizierungsinitiative Karin Heinrich zu, »daß die Deutschen aus dem Beruf herausgehen und Ausländer hinterhergeschoben werden.« Aber das stimme nicht. »Viele Frauen ergreifen diesen Beruf, weil sie als ausländische Erzieherinnen die Chance haben, als unerläßliche Arbeitskraft Anerkennung zu finden.« lada

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