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Postmodern schreiben

Auf der Basis eines Lehrbuchs biete die Sektion »Kreatives Schreiben« des »Poesiepädagogischen Instituts« Berlins jedem Fernstudenten zwei Angebote an, schreibt uns jenes Institut: Das erste Angebot liefere die Aneignung der wichtigsten Methoden und Techniken des postmodernen kreativen Schreibens an. Es dauere 14 Monate. Das zweite Angebot biete, über die Leistungen des ersten Angebots hinaus, »die Aneignung der Schreibgruppenanleitung« an. Es dauere 11/2 Jahre. Beide Angebote würden intensiv betreut und unterstützt. Informationsmaterial erhält man über Claus Mischon, 1 Berlin 30, Bamberger Str. 52, Tel. 242469. Nachfolgende Werbe- Probe postmoderner kreativer Schreibpraxis sei hier dokumentiert:

»Ich muß Ihnen etwas gestehen: Andreas Thalmayrs Kunst der 187 Schreibstile, Christoph Ransmayrs chamäleonhafte Metamorphosen durch alle Finten der ovidschen Ars poetica, die 150 Anleitungen von Oulipo (Arbeitskreis für potentielle Literatur, Paris) haben mich ganz hektisch gemacht. Wo haben die Leute die Technik des postmodernen Schreibens her. Welche Quellen der Kreativität werden hier angezapft. Heute kann ich mich lächelnd zurücklehnen. Von K., einem Freund von Michael Rutschky, habe ich einen Tip bekommen: Lutz von Werders >Lehrbuch des kreativen Schreibens<, 500 Seiten. Da steht alles drin. Ich könnte auch diese Rezension jetzt in vielen Stilen schreiben. Vielleicht sollte ich Ihnen gleich mal etwas automatisch Geschriebenes vorstellen, etwas Expressionistisches? Meine Argumente könnte ich Ihnen mit einer Mind-Map überzeugend servieren. Die Clustermethode ist mir nun ebenso klar wie das Brain- Writing, die Synnectics. Ich werde jetzt eine Schreibgruppe aufmachen, um alle kollektiven Schreibspiele, die in dem Buch zu finden sind, auszuprobieren. Einige Berliner VS-Mitglieder werden höhnen, als wenn man autodidaktisch schreiben lernen könnte. Mein Freund K. hat mich auch gewarnt. Aber das ist eben postmodernes Schreiben, das kann man lernen. >Weshalb<, werden Sie fragen. >Ganz einfach<. Im Lehrbuch sind zehn Jahre kreatives Schreiben quer durch die BRD/ DDR, die USA, Frankreich, England aufgearbeitet. Das sind rund 400 Schreibspiele, 20 Schreibprojekte in Literatur, Philosophie und Soziologie serviert. Was beim Schreiben so alles passiert, wie man damit umgehen kann, das steht da auch. Mein Bekannter K. sagt: >Im Grunde treibt das Lehrbuch die Literatur in den Konkurs. Da werden ja die Betriebsgeheimnisse ausgeplaudert. Wie es Henry Miller gemacht hat, oder R. Queneau, Italo Calvino, Umberto Eco, Eichendorf oder H.M. Enzensberger.< Ich habe mich deshalb mit dem FU-Professor H. E. besprochen. Der meinte: >Das Lehrbuch sei ein Bluff, wahrscheinlich sei der Autor ein Pseudonym. Hinter dem Namen verberge sich bestimmt ein Desillusionierungsteam. Er kenne die kreative Schreibbewegung auch. Die würde niemals so ein Buch hervorbringen. Alles blutige Laien.< Das glaube ich nun nicht mehr. Das Lehrbuch zeigt die Spur des Orpheus. Nicht wie Theweleit. Nein, eben wie Orpheus in der Schreibbewegung Spuren legt. Mein Freund K. hat sich besonders mit den 30 Spielen für die Deutung von Texten befaßt, die das Buch anbietet. Da kommt denn das zur Sprache, was man auch geschrieben hat, aber nicht einfach lesen kann... Das Lehrbuch kostet 36 Mark und hat 21 Schreibbilder.Die Bilder hat der Uniprof schon ausprobiert. Er will aber nicht sagen, was passiert ist. Er hat seine Gründe.«

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