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Golf-Deal hinter den Kulissen

In einer Analyse der 'Washington Post‘ sagen mit den Golf-Verhandlungen vertraute Diplomaten, die Bedeutung der Baker-Asis-Gespräche sei geringer geworden, da die Lösung der Krise bevorstehe  ■ Von Tod Roberson

Baghdad (wps) — Diplomaten in der Golf-Region sehen in den letzten Tagen angesichts des komplexen Zusammenspiels internationaler Bemühungen der EG, der Blockfreien und arabischer Staaten, die Golfkrise friedlich zu lösen, Grund zum Optimismus. Diese Diplomaten, die mit den unterschiedlichen, bislang isoliert erscheinenden Verhandlungssträngen vertraut sind, hoffen, daß die Stücke des diplomatischen Puzzles am Ende zusammenpassen und Kuwaits Souveränität wiederhergestellt werden kann. Sie gehen davon aus, daß danach Kuwait und die internationale Gemeinschaft sich mit den irakischen Forderungen auseinandersetzen werden.

Der derzeit bedeutsamste reisende Emissär ist dabei der jugoslawische Außenminister Loncar, der in der letzten Woche in Bagdad mit Saddam Hussein zusammengetroffen war und der am Samstag mit saudischen und kuwaitischen Politikern sprach. Er hatte damit mehr Glück als der algerische Staatschef Benjedid, der im Dezember nach Gesprächen in Bagdad von der saudischen Regierung ausgeladen worden war.

Falls es ihm gelingt, einen Konsens zwischen Kuwait, Saudi-Arabien und dem Irak auf den Weg zu bringen, würden sich die USA einem solchen Deal nicht verweigern können. Das geben auch US-Diplomaten zu. Außerdem sprach Saddam Hussein am Samstag vier Stunden lang mit dem französischen Parlamentarier Michel Vauzelle. Der irakische Staatschef habe dabei gesagt, so Vauzelle, daß der Irak zu „Opfern“ bereit sei, wenn auch die USA Opfer brächten.

Nach Ansicht der Diplomaten hat das Tauziehen um die Gespräche zwischen US-Außenminister Baker und seinem irakischen Amtskollegen Asis an Bedeutung verloren, weil es mittlerweile andere Verhandlungskanäle über einen irakischen Rückzug aus Kuwait gebe. Das mit Spannung erwartete Treffen zwischen Baker und Asis am Mittwoch in Genf sei nur eine Formsache zur gegenseitigen Wahrung des Gesichts — auch wenn die Wahrung des Gesichts eines der entscheidenden Elemente einer diplomatischen Lösung sei.

Nur noch diesem Zweck diene die verbale Konfrontation beider Seiten, die sich am Wochenende in Bushs Rundfunkrede und der Ansprache Saddam Husseins am Sonntag fortsetzte. „Baker wird aus dem Gespräch herauskommen und erklären, er sei gegenüber Asis hart geblieben, er habe nicht verhandelt, sondern einen vollständigen irakischen Rückzug aus Kuwait verlangt“, so ein westlicher Diplomat, „Asis wird sagen, er habe die irakische Position in der Palästinenserfrage dargelegt, und daß der Irak nicht vor den amerikanischen Drohungen zurückgewichen ist.“ Beide Seiten würden sich zum Sieger erklären, damit das jeweilige heimische Publikum zufriedengestellt ist. Danach können die verschiedenen Elemente eines hinter den Kulissen vorbereiteten Deals verwirklicht werden. „Die Amerikaner werden sagen, sie hätten keine Offerten gemacht, mit denen Saddam sein Gesicht wahren könne“, sagte der Botschafter. „Das brauchen sie auch nicht, das erledigen andere für sie.“ Ein anderer Botschafter sagte, das Baker-Asis-Treffen werde gut auf dem Fernsehschirm und in den Zeitungen aussehen, aber nicht viel bedeuten, denn verhandelt werde anderswo.

Loncars Bemühungen mit den saudischen und kuwaitischen Politikern richten sich auf eine „arabische Lösung“, die es dem Irak ermöglichen werde zu behaupten, die Krise sei von den Arabern ohne Einflußnahme der Supermächte beigelegt worden. Man geht davon aus, daß Loncar ein irakisches Angebot für ein Lösungspaket im Koffer trägt. Der Irak werde sich aus Kuwait zurückziehen, wenn er danach weiter Zugang zu bestimmten Teilen des Golfstaats habe. Bagdad werde fordern, die Golf-Inseln Bubiyan und Warba von Kuwait zu leasen. Außerdem sollen die Kuwaitis die Ölförderung in dem unter der alten Staatsgrenze liegenden Ölfeld von Rumailah einstellen. Drittens sollen die Kuwaitis dem Irak seine Schulden in Milliardenhöhe, die während des iranisch-irakischen Krieges aufgelaufen waren, erlassen.

„Die Idee ist folgende“, so ein Diplomat: „Laßt den Irak sich zurückziehen und die Kuwaitis zurückkehren. Als unabhängiger, souveräner Staat kann Kuwait dann Verhandlungen mit dem Irak verlangen, um alle Streitpunkte zwischen beiden Staaten ein für allemal zu beseitigen.“

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