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König Husseins Drahtseilakt im Golfkonflikt

Jordaniens König kommt am Dienstag nach Bonn/ Jordanischer Botschaftsrat sieht „die Wurzel allen Übels in Palästina“  ■ Aus Bonn Hasso Suliak

König Hussein von Jordanien wird am Dienstag in Bonn mit Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher die Lage am Golf erörtern. Mit dem Einverständnis von Saddam Hussein in der Tasche will der König, wie auch schon zuvor in anderen europäischen Hauptstädten, Gespräche über eine friedliche Lösung des Golfkonfliktes führen. Der 55jährige Monarch, dem zahlreiche Anschläge die Bezeichnung „kleiner, tapferer König“ eingebracht haben, spielt im Golfkonflikt eine zwiespältige Rolle.

Einerseits beteiligte sich des Königs Haschemiten-Reich zwar an den Wirtschaftssanktionen gegen den Irak und durchschnitt damit die wichtigste Lebensader seiner eigenen Wirtschaft, andererseits aber bezeichnete König Hussein seinen irakischen Nachbarn Saddam immerhin als „arabischen Patrioten“. Als Lösung der Golfkrise schlug der König sogar indirekt eine Gebietsabtretung Kuwaits an den Irak vor: Das wesentliche Problem zwischen beiden Staaten sei, so König Hussein, „immer der Mangel einer definitiven Grenze“ gewesen. Kritik übte der Monarch auch immer an der Anwesenheit der westlichen Streitkräfte am Golf. Dazu Nayef Mutlaq, Botschaftsrat der jordanischen Vertretung in Bonn: „Wir akzeptieren die Beschlüsse der UNO, aber wir haben die USA nicht gebeten, in den Golf zu kommen.“ Einen „neuen Kolonialismus“ lehne Jordanien ab.

Der Diplomat sieht einen Widerspruch darin, daß es den Amerikanern angeblich „um die Wahrung internationalen Rechts“ gehe, es aber auf der anderen Seite „keine Sanktionen gegen die fortdauernde israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete“ gebe. In diesem Sinne sei Saddam Hussein tatsächlich „der Patriot aller Araber“, denn er wende sich „gegen jeden Kolonialismus“. Zur drohenden Kriegsgefahr erklärte Mutlaq weiter: „Ein Krieg wäre eine Katastrophe, auch für Europa. Aber die Wurzel allen Übels liegt in Palästina.“ Über den Grenzverlauf zwischen Kuwait und Irak könne verhandelt werden, erklärte er gegenüber der taz.

Die Situation des seit nunmehr 38 Jahren regierenden König Husseins gleicht einem Drahtseilakt: Saddam Hussein gilt in Jordanien als Volksheld und das nicht nur bei der starken palästinensischen Bevölkerungsgruppe, die sich vom irakischen Diktator die Befreiung Palästinas erhofft. Auch die islamischen Fundamentalisten lehnen zumindest die westliche Militärpräsenz in der Golfregion ab. Diesem innenpolitischen Druck scheint König Hussein nunmehr immer stärker Rechnung zu tragen. Bei einer Kabinettsumbildung in der letzten Woche in Amman wurden fünf Mitglieder der fundamentalen Moslembruderschaft sowie der Palästinenser Taher al Masri als Außenminister neu in das Kabinett aufgenommen.

Westliche Wirtschaftshilfe dringend gesucht

Daß solche pro-irakischen Tendenzen für Jordanien auch Konsequenzen haben, zeigte sich schon bald nach dem Ausbruch der Golfkrise. Bisher bekam Jordanien etwa 90 Prozent seines Öls vom Irak zu einem Vorzugspreis geliefert. Mit dem Wirtschaftsboykott wurde dann ein Teil des Öls durch Saudi-Arabien ersetzt. Schon bald aber hatten die Saudis von der pro-irakischen Stimmung in Jordanien die Nase voll. Die Folge: Auch kein Öl mehr aus Saudi- Arabien.

Die wirtschaftliche Situation des Königreichs ist katastrophal. 120.000 jordanische Gastarbeiter sind aus Kuwait in ihre Heimat zurückgekehrt und bedrängen den ohnehin schon völlig überlasteten Arbeitsmarkt. Wichtige Deviseneinkünfte gehen dem Land damit verloren. 40 Prozent aller jordanischen Exporte gingen vor der Blockade noch in den Irak. Auch die Verluste der Tourismusbranche sind enorm: Für 1990 hatte das Land mit Deviseneinnahmen in Höhe von 400 Millionen Dollar gerechnet und investierte vier Millionen Dollar in Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Mit Iraks Einmarsch nach Kuwait waren sämtliche Prognosen hinfällig.

König Hussein ist demnach auf entscheidende westliche Finanzspritzen angewiesen. Verhandlungskünste werden dem Haschemiten- Herrscher schon lange nachgesagt. Er gilt allgemein als politischer Überlebenskünstler. Es fragt sich aber, welche Bedingungen der Westen an eine notwendige Unterstützung Jordaniens stellen wird.

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