: “Wir sind alle Amerikaner“
■ Der Bremer Kleinst-Verlag AGIPA-Press nimmt sich den Widerstand der nichteuropäischen amerikanischen Minderheiten zum Thema
Es gibt: Einen Namen (AGIPA Press), eine Adresse (Eichenbergerstr. 53, 2800 Bremen-Findorff), eine Treppe (steil), ein Souterrain-Büro (dunkel) mit allem notwendigen Gerät (Schreibsystem, Telefon, Eßtisch mit Stühlen für Gäste). Es gibt ferner ein eingespieltes Verlagsteam (Jürgen Heiser, Regine Geraedts) und Freunde des Hauses, es gibt Projekte (aktuell: „Assata“, die Autobiographie der ins kubanische Exil geflohenen einstigen Aktivistin der Black Liberation Army, Assata Shakur, deren erste Auflage schon vergriffen ist) und Pläne (weitere Bücher, z.B. eine hochintellektuelle Kontroverse zwischen marxistischen und indianischen Autoren, eine feministische Analyse der Situation schwarzer Frauen von der schwarzen Feministin Bell Hooks und die Neuauflage der Autobiografie des in den 60er Jahren ermordeten militanten schwarzen Volkstribuns Malcolm X) und ein ausdrücklich verfolgtes inhaltliches Konzept (Informationsdienst und Verlag für Geschichte, Kultur und Politik der unterdrückten Völker Amerikas).
Der Bremer Kleinst-Verlag AGIPA-Press, ist so recht ein Projekt rechtschaffen engagierter Menschen, daß einem vorkommt, als wäre man in einer anderen Zeit. In die aufklärerische Kraft kluger Analysen vertrauend, produzieren die beiden VerlegerInnen ihre Bücher von vorne bis hinten selbst, fungieren zugleich als Übersetzerin und Setzer, Lektorin und Korrektor, als Vertriebsmanagerin und als Buchhalter. Der edle Zweck heiligt den Zuschußbedarf an Geld und Arbeit, und nicht ohne Pose berichtet Jürgen Heiser, der Veteran und Wortführer unter den AGIPA- Verlegern, von seinem Broterwerb als Brötchenfahrer.
„Wir sind alle Amerikaner“, hatte schon Helmut Schmidt erkannt, unser Leben ist gefüllt mit der Kultur von drüben. Cowboys & Indianer, Micky-Maus, Jeans, Rockmusik und Fast-Food sind ebenso widerstandslos in den europäischen Alltag eingesickert, wie sich auch im politischen Härtefall West-Europa als amerikanischer Bundesstaat erweist. Dabei ist jedoch der politische Untergrund und seine Repression hierzulande nahezu unbekannt. Der Zustand, dem AGIPA-Press mit seinen verschieden gezielten Publikationen abhelfen will.
Als im Frühjahr 89 der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaates Pennsylvania das Todesurteil gegen den schwarzen Journalisten Mumia Abu Jamal bestätigte, das 1981 in einem fragwürdigen Gerichtsverfahren verhängt worden war, versuchte AGIPA- Press, die Solidaritäts-Arbeit in Deutschland zu initiieren. Man verschickte Petitionen, sammelte Tausende Unterschriften und produzierte eine Kampagnen- Zeitung, in der ausführlich in sperriger Sprache über den Fall berichtet wurde. Die Zeitung hatte Resonanz und hinterließ bei ihren ErfinderInnen den Wunsch, so etwas öfter zu machen, was jedoch vorerst kaum zu denken ist. Doch haben sich die VerlegerInnen mittlerweile ein Netz aus internationalen Kontakten geknüpft, in dem sich lauter neue Projekte hängen, die zumindest die Hoffnung mit sich bringen, eines Tages nicht mehr zubuttern zu müssen und sich vielleicht sogar die ein oder andere bezahlte Stelle gönnen zu können. step
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