Rot-grüne Projekte sehen blaß aus

■ Sämtliche Projekte zittern um künftige Finanzierung/ Besonders gefährdet: Projekte, die unter Rot-Grün erstmals finanziell abgesichert wurden

Berlin. Der Rotstift ist bereits gespitzt: Wenn Bonn nicht doch noch die Finanzspritze ansetzt, müssen allein die 2.000 Zuwendungsträger, die bislang von der Senatsverwaltung für Jugend, Frauen und Familie versorgt wurden, mit erheblichen Einbußen rechnen. Sobald der Gesamtberliner Senat steht, so die Berechnung des derzeitigen Finanzsenators, muß jede Senatsverwaltung etwa 11,5 Prozent ihres Etats einsparen — das wären im Haus der bisherigen AL-Senatorin Klein rund 40 Millionen Mark. Als sogenannte Zuwendungsträger davon betroffen sind nicht nur Selbsthilfeprojekte, sondern auch Wohlfahrtsverbände, »eben alle Organisationen, die von uns Geld bekommen«, wie Sprecherin Gundel Köbke der taz erläuterte.

Im Prinzip, so Köbke, seien in all diesen Bereichen Kürzungen möglich. Ob die dann noch zur Verfügung stehenden Gelder nach dem Gießkannenprinzip verteilt oder einzelne Projekte gestrichen werden, hänge jedoch ganz von der Schwerpunktsetzung in den Koalitionsverhandlungen ab. Gesichert sind die laufenden Förderungen nur noch bis Ende März. Dies heißt aber, daß der Spielraum der Projekte schon jetzt immens eingeengt wird. Von kostenträchtigen Planungen für das laufende Jahr, auch wenn im Westberliner Teilhaushalt bereits beschlossen, kann Köbke erst einmal nur abraten. Besonders betroffen ist der ohnehin schon mager ausgestattete Kita-Bereich, der rund die Hälfte der von dieser Verwaltung ausgegebenen Zuschüsse erhält. Unklar ist derzeit, wann die Projekte überhaupt konkret über ihre künftigen Finanzhilfen informiert werden sollen.

Sicher ist, daß keine neuen Projekte mehr gefördert werden dürfen. Darunter fällt auch Strohhalm e.V., ein Verein zur Vorbeugung von sexuellem Mißbrauch, dessen Anschubfinanzierung für 1991 in Höhe von 200.000 Mark noch im Oktober vom Hauptausschuß bewilligt wurde. Darüber hinaus befürchtet der AL-Abgeordnete Bernd Köppl, daß den meisten der unter Rot-Grün systematisch geförderten Projekte erneut die Perspektive genommen wird: »Wenn die jetzt wieder kein Geld mehr sehen, gehen sie unweigerlich ein.« Dies beträfe nicht nur neue Projekte im Rahmen der Aids- Hilfe oder im Frauenbereich, sondern auch solche, deren ABM-Stellen in die öffentliche Förderung übernommen werden sollten. Ebenfalls gefährdet: Projekte wie das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung, die schon seit Jahren renommierte Arbeit leisten und jetzt endlich finanziell abgesichert werden sollten.

Ganz klar trat Gundel Köbke gestern jedoch Gerüchten vor allem aus dem Frauenprojektbereich entgegen, wonach der Rotstift schon im ersten Quartal des Jahres angesetzt werden soll. In der noch laufenden Amtszeit bestünde daran »kein Interesse«. maz