Hafenstraße: Nach dem Abriß Sozialwohnungen

Hamburg (taz) — In seiner ersten Sitzung nach dem Räumungsurteil in Sachen Hafenstraße hat der Hamburger Senat schon einmal das Fell des noch nicht erlegten Bären verteilt. Nach Räumung und Abriß der bunten Häuser — wann das geschieht steht noch in der Sternen — sollen auf diesen sogenannten Sahnegrundstücken mit wunderschönem Blick über den Hafen Sozialwohnungen entstehen. Zu diesem Zweck wird aus der „Hafenrand GmbH“, die eigentlich nur den Auftrag hatte, für die Räumung und den Abriß zu sorgen, eine zusätzliche städtische Wohnungsbaugesellschaft. Gestern beantrage sie die Räumung beim Gerichtsvollzieher.

In einer Situation, die wie in anderen Großstädten durch katastrophalen Wohnungsmangel gekennzeichnet ist, warb Bürgermeister Henning Voscherau mit dem Argument für dieses Vorhaben, daß durch den Neubau mehr Wohnraum entstehen würde. Es werden aber kaum mehr Menschen sein, die dadurch ein Dach über dem Kopf finden. Denn die Hafenstraßenhäuser werden ausgesprochen intensiv bewohnt. Planungsrechtlich ist ein derartiges Vorhaben zudem sehr bedenklich. Schließlich hat der Senat sich die benötigten Abrißgenehmigungen auf Grundlage eines inhaltlich obsoleten jedoch formal noch gültigen Bebauungsplanes besorgt, der Hamburg an dieser prominenten Stelle ein Stückchen New Yorker Büro-Skyline bescheren sollte. Einen Plan von 1986, der Wohnen vorsieht, und damit den Abriß bestehender Wohnhäuser erheblich erschwert, ließ der Senat aus gutem Grund in der Schublade liegen. Diesem Plan müßte nun zumindest eine sogenannte Vorbescheidsreife attestiert werden, um auf seiner Basis Sozialwohnungen bauen zu können.

Voscherau machte deutlich, daß er sein politisches Schicksal nicht mit der Frage verknüpfen möchte, ob die Häuser vor dem Wahltermin am 2. Juni geräumt sind oder nicht. Sein Versprechen in diese Richtung sei schon erfüllt, so Voscherau, da „das Projekt nicht mehr in dem Stadium ist, in dem ich es übernommen habe“. big