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Sozialhilfe — politischer Gummiball?

■ Trotz des inzwischen einheitlichen Sozialhilfegesetzes erhalten SozialhilfeempfängerInnen in Ost-Berlin keine müde Mark mehr/ Änderungen erst in den nächsten Wochen in Sicht

Berlin. Die SozialhilfeempfängerInnen in Berlin können mal wieder sehen, wo sie bleiben — im Kampf um das immer knapper werdende Geld in den öffentlichen Kassen jedenfalls sind sie wie üblich weit abgeschlagen. Obwohl das Bundessozialhilfegesetz seit dem 1. Januar dieses Jahres auch auf die fünf neuen Bundesländer ausgedehnt wurde und somit jetzt auch im Ostteil Berlins Gültigkeit besitzt, müssen sich die »Sozis« dort weiterhin mit mageren 400 Mark Hilfe plus Miete im Monat begnügen. Zwar bekommen ihre LeidensgenossInnen im Westen Berlins auch nicht viel, aber immerhin doch 62 Mark plus Miete im Monat mehr. Und das, empörte sich gestern der sozialpolitische Sprecher der AL-Fraktion, Michael Haberkorn, obwohl die Dinge für den alltäglichen Bedarf im Ostteil der Stadt nicht billiger zu haben sind als im Westen, »im Gegenteil«. Allein die Kosten im Bereich der Haushaltsenergie und des öffentlichen Nahverkehrs lägen im Ostteil der Stadt noch erheblich niedriger als westlich der einstigen Mauer. Deshalb sei für die Ost-SozialhilfeempfängerInnen ein etwas niedrigerer Sozialhilfesatz in Höhe von 447 Mark denkbar.

Einer entsprechenden Vorlage habe der Senat bereits Ende letzten Jahres zugestimmt, der entsprechende Satz müsse jetzt aber auch tatsächlich gezahlt werden und dürfe als Rechtsanspruch im Rahmen der Mindestsicherung nicht länger »Spielball politischer Taktiererei« sein. Wegen der zunehmenden Anforderungen an die immer zahlreicher werden Arbeitslosen in Ost und West, auf ihrer Suche nach Arbeit möglichst uneingeschränkt beweglich zu sein, müsse darüber hinaus sofort die Sozialkarte (Kostenpunkt in West-Berlin bislang 10 Mark pro Monat) für das Gesamtnetz BVG/ BVB ausgegeben werden.

Nach Angaben von Rita Hermanns, Sprecherin der Sozialverwaltung, werde die Vorlage für die Angleichung der Sozialhilfe »voraussichtlich nächste Woche« fertiggestellt. Dann müsse sie noch offiziell verabschiedet werden, was in »einer der nächsten Senatssitzungen« geschehen werde. Es spräche »nichts dafür, daß jemand etwas dagegen hätte«. Bis sich aber alle per Abstimmung auch tatsächlich dazu bekennen, müssen die SozialhilfeempfängerInnen im Osten der Stadt auf die dringend benötigte Erhöhung warten.

Da die meisten Betroffenen über ihre Rechtsansprüche im Zusammenhang mit dem mittlerweile auch im Osten geltendem Sozialhilfegesetz (wohlweislich?) gar nicht Bescheid wissen, fordert der AL-Politiker Haberkorn außerdem von der Sozialverwaltung eine umfassende Informationskampagne, mit der vor allem die SozialhilfeempfängerInnen im Ostteil der Stadt über ihre Rechte aufgeklärt werden sollen. maz

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