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Notstandspläne sind bereits fertig

■ IEA fürchtet im Kriegsfall am Golf weniger eine Versorgungskrise als die Börsenspekulation

Paris (dpa) — Mit ihrer Krisensitzung vier Tage vor Ablauf des Irak- Ultimatums stellt die Internationale Energie-Agentur (IEA) am heutigen Freitag in Paris nur noch die letzten Weichen für mögliche Notmaßnahmen bei einem heißen Krieg um Kuwait. Die 1974 als Antwort auf den arabischen Ölboykott gegen die USA und die Niederlande gegründete Organisation kann dabei auf ihre Erfahrungen aus den späteren Ölkrisen zurückgreifen.

Bisher bereitet der IEA weniger ein echter Versorgungsausfall Sorgen als die Spekulation. Denn 40 Prozent der Ölhändler an den großen internationalen Börsen sind reine Spekulanten. Sie haben in den vergangenen Monaten bereits den Ölpreis vorübergehend über 40 Dollar je Barrel (159 Liter) getrieben, obwohl der Ausfall des irakischen und kuwaitischen Öls schnell von anderen Produzentenländern ausgeglichen wurde. Sollten durch irakische Angriffe auf Saudi-Arabien oder Terroranschläge auf Nordsee-Bohrinseln mehr als sieben Prozent der Versorgung ausfallen, würde der IEA-Notstandsplan in Kraft treten. Er regelt Sparmaßnahmen, Rationierungen sowie die „gerechte Verteilung“ des Öls auf die 21 Mitgliedsstaaten.

Je nach dem Ausmaß der Knappheit kann die IEA empfehlen, Kraftwerke auf Kohle und Erdgas umzustellen und mehr auf Kernkraft zurückzugreifen, die Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr zu senken und die Eigenförderung zu erhöhen.

Ein Ausfall von sieben bis zwölf Prozent verpflichtet alle IEA-Staaten zur Einschränkung des Verbrauchs um sieben Prozent. Bei mehr als zwölf Prozent Ausfall müssen sogar zehn Prozent eingespart werden. Die Differenz kann aus den Notreserven gedeckt werden. Bei Ausfällen bis 30 Prozent würde voraussichtlich eine Ölrationierung angeordnet werden. Noch größere Mengenausfälle würden unmittelbar zur umfassenden Ölbewirtschaftung führen.

Einen kritischen Punkt bilden die strategischen Reserven. Die USA, Japan und die Bundesrepublik haben nationale Vorräte für 30 Tage angelegt. Darüberhinaus wurden überall die Ölkonzerne zur Lagerhaltung verpflichtet. Zur Zeit umfassen die Reserven 469 Millionen Tonnen, den höchsten je im Januar erreichten Stand. Sie decken den Bedarf von 96 Tagen und den Importbedarf von 150 Tagen, zwei Monate länger als vorgeschrieben. Dazu kommen Zwischenlager der Ölkonzerne, ebenfalls mit Rekordniveau.

Angesichts der vollen Lager erscheint eine große Versorgungskrise nicht sehr wahrscheinlich, zumal die französischen Militärexperten damit rechnen, daß der Irak einen Krieg kaum länger als zehn Tage durchstehen könnte. Ein insgesamt geringer Angebotsausfall kann jedoch in Einzelfällen zu erheblichen Engpässen führen, die Notbewirtschaftungen nötig machen, zum Beispiel für Flugbenzin und seine Vorprodukte.

Die bisherigen Ölkrisen lehren zudem, daß eine verheerende Preiskrise auch ohne echte Engpässe entstehen kann. Die größten echten Lieferausfälle gab es bei der Suezkrise 1956/57 mit 11,43 Prozent des Weltverbrauchs und 1967 beim Sechstagekrieg mit fünf Prozent. Die große Ölkrise von 1973/74, die zu Sonntagsfahrverboten führte, war dagegen vor allem ein psychologisches Phänomen: Der Mengenausfall betrug nur 2,75 Prozent.

Bei einem Krieg um Kuwait schließen Experten einen spekulativen Ölpreis von 100 Dollar je Barrel nicht aus. Die IEA kann dann erstmals „Mittel ergreifen, um ungewöhnlich große Spotmarktkäufe zu entmutigen“. Ein Versuch der USA im September 1990, die Spekulation mit der Freigabe kleiner Reservemengen zu dämpfen, hatte jedoch keinen Effekt. Die Spekulation war damit nicht zu dämpfen.

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