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Bonn für doppelten Erziehungsurlaub

Koalition einigte sich in der Familienpolitik/ CO2-Abgabe beschlossen/ Kanzlerwahl am Donnerstag  ■ Aus Bonn Gerd Nowakowski

Der Erziehungsurlaub mit Weiterbeschäftigungsgarantie soll ab Januar 1992 von derzeit 18 Monaten auf drei Jahre verdoppelt werden. Darauf einigte sich innerhalb eines umfangreichen sozialpolitischen Pakets die Regierungskoalition. Für viele Elternteile wird das Angebot unannehmbar bleiben: Denn die Gewährung des Erziehungsgeld in Höhe von 600 Mark hält nicht Schritt, sondern soll von 18 Monaten nur auf zwei Jahre verlängert werden. Gelten soll dies außerdem erst ab Januar 1993. Durchgesetzt hat sich dagegen die FDP mit ihrer skandalösen Finanzierung des Hauspersonals für Wohlhabende: Der Betreuungsfreibetrag für die Einstellung einer Haushaltshilfe wird von 12.000 auf 18.000 heraufgesetzt.

Die Koalition hat sich außerdem auf die Erhöhung des Erstkindergelds von 50 auf 70 Mark ab 1. Januar 1992 verständigt. Dies wird den Bund etwa 7 Milliarden Mark kosten. Für Ostdeutschland, wo gegenwärtig ein höheres Kindergeld gilt, soll es eine Übergangsregelung geben, um Einbußen zu vermeiden, erklärte die FDP-Generalsekretärin Schmalz-Jacobsen. Über die künftigen steuerlichen Kinderfreibeträge ist sich die Koalition wegen der leeren Kasse jedoch nicht einig geworden. Im Gespräch war bisher eine Erhöhung von gegenwärtig 3.024 auf 4.200 Mark. Jetzt soll es keine Festlegung geben. Der Familienlastenausgleich soll in einer zweiten Stufe voraussichtlich erst 1995, zusammen mit der Unternehmenssteuerreform, geregelt werden. Geplant ist, daß der Familienlastenausgleich bei höheren Einkommen nur noch über Kinderfreibeträge erfolgt. Mit den dadurch freiwerdenden Geldern könnte das Kindergeld für gering Verdienende erhöht werden, die von den steuerlichen Freibeträgen wenig haben. „Betuchte Eltern brauchen kein Kindergeld“, vertrat die FDP- Generalsekretärin.

Künftig soll es außerdem einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für die Altersgruppe bis zu sechs Jahren geben. Dazu sind aber noch umfangreiche Verhandlungen mit den Bundesländern nötig.

Im Bereich der Umwelt hat sich die Koalition auf eine Deponieabgabe für Sonderabfälle verständigt (taz berichtete), um damit die Unternehmen zur Verwendung von umweltfreundlichen oder wiederverwertbaren Materialien zu bewegen. Auch bei der Kohlendioxid-Abgabe gab es Einvernehmen. Allerdings ist immer noch umstritten, ob diese CO2-Abgabe nur für Kraftwerke oder auch für Privathaushalte gelten soll. Im Gespräch ist, statt einer Abgabe auf Heizmaterialen bei Privathaushalten die Wärmedämmungsanforderungen und Wirkungsgradvorschriften zu verschärfen. Die eingenommenen Gelder aus der Abgabe sollen zweckgebunden für ökologische Maßnahmen verwendet werden, erklärte der CSU-Generalsekretär Huber. Die KFZ-Steuer soll, wie von der taz bereits berichtet, künftig nach dem Schadstoffausstoß berechnet werden. Brummis werden künftig mehr zur Kasse gebeten: Die KFZ-Steuervorteile für LKW soll zum „frühestmöglichen Zeitpunkt aufgehoben“ werden, sagte Huber.

Über das in der Koalition strittige Mietrecht soll erst am kommenden Dienstag gesprochen werden. Einigkeit bestand nur, daß auf die Mieten in der ehemaligen DDR ab 1. April die Betriebskosten umgelegt werden sollen — ohne Heizung und Wasser. Diese Kosten werden den Mietern erst ab 1. Oktober aufgebrummt. Zum selben Zeitpunkt soll dann auch die Kaltmiete um eine Mark pro Quadratmeter erhöht werden.

Im Forschungsbereich bleibt es beim Umfall der FDP in Sachen Schneller Brüter in Kalkar. Statt des mehrfach verlangten sofortigen Ausstiegs aus der Investitionsruine soll es noch bis zum Jahresende Geld geben. Außerdem will die Koalition das Weltraumprogramm weiterführen.

Nicht nähergekommen sind sich die Koalitionsspitzen beim Streitpunkt Niedrigsteuergebiet. Noch immer ist kein Konsens gefunden worden, welche Elemente aus dem von der FDP verlangten Maßnahmepaket hilfreich sind, um in den Ostländern Arbeitsplätze zu schaffen und die Wirtschaft anzukurbeln. Darüber soll nun in der Schlußrunde entschieden werden. Umstritten sind auch Maßnehmen gegen die organisierte Kriminalität. Außerdem verlangt die CSU, daß die Grundzüge der Außen- und Sicherheitspolitik in der Koalitionsvereinbarung festgehalten werden; eine gegen den FDP- Außenminister Genscher gerichtete Forderung. CDU/CSU und FDP geben sich aber überzeugt, daß es am kommenden Donnerstag zur Wahl des Bundeskanzlers kommen wird.

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