Albanien sichert Rückkehrenden Straffreiheit zu

■ Ministerpräsidenten Albaniens und Griechenlands trafen sich in Tirana/ 900 Flüchtlinge allein am Sonntag/ Streik albanischer Bergarbeiter

Tirana/Berlin (afp/adn/ap) — Die Regierung Albaniens hat rückkehrwilligen Flüchtlingen zugesichert, daß sie „ihr Leben ohne Folgen als freie Bürger Albaniens fortsetzen können“. Dies steht in einem Kommuniqué, das zum Abschluß des zweitätigen Besuchs des griechischen Ministerpräsidenten Konstantin Mitsotakis beim albanischen Ministerpräsidenten Adil Carcani in Tirana veröffentlicht wurde. Die Garantie der Straffreiheit gelte für alle Albaner, die das Land in den vergangenen Jahren illegal verlassen haben, erklärte der griechische Außenminister Antonis Samaras, der seinen Regierungschef begleitet hatte. Noch kurz vor dem Besuch des griechischen Regierungschefs hatte der albanische Außenminister erklärt, eine Amnestie für Flüchtlinge werde es nicht geben.

Seit Jahresbeginn sind an die 7.000 Albaner nach Griechenland geflohen. Allein in der Nacht zum Montag überquerten 641 Flüchtlinge die Grenze zum Nachbarstaat im Süden. Seit Freitag nachmittag haben damit ingesamt 1.846 Albaner ihrem Land den Rücken gekehrt. In den allermeisten Fällen handelt es sich um Angehörige der griechischen Minderheit in Albanien, die nach griechischen Angaben 350.000 Personen umfaßt, nach albanischen hingegen nur 60.000. Beide Regierungen haben nun gemeinsam an die griechische Minderheit appelliert, in ihrer Heimat zu bleiben.

Mitsotakis stattete als erster griechischer Regierungschef Albanien einen Besuch ab. Der Kriegszustand zwischen den beiden Staaten, der seit dem Zweiten Weltkrieg bestanden hatte, war erst 1987 offiziell beendet worden. Die zweitägigen Verhandlungen führten neben der Zusicherung der freien Rückkehr der Flüchtlinge auch zu Vereinbarungen im Schiffverkehr und einer Zusammenarbeit im Fremdenverkehr. Dem griechischen Antrag, im Süden Albaniens drei Konsulate eröffnen zu dürfen, sei hingegen noch nicht stattgegeben worden, erläuterte Samaris nach dem Treffen. Auch die Entsendung einer UNO-Kommission zur Untersuchung der Lage der griechischen Minderheit in Albanien lehnt die Regierung in Tirana offenbar ab.

Albanien steht nach den Worten seines Regierungschefs Adil Carcani vor einem Jahr mit mehr Demokratie und Pluralismus sowie grundlegender Umwandlung von Wirtschaft und Gesellschaft. Erster und allerwichtigster Akt der am 10. Februar neu zu wählenden Volksversammlung sei die Annahme einer neuen Verfassung und eines neuen Gesetzeswerkes, sagte Carcani auf einer Festveranstaltung zum 45. Jahrestag der Ausrufung der Volksrepublik. Damit würden die erforderlichen Bedingungen geschaffen für die Beschleunigung der Wirtschaftsreform, den Übergang zur Marktwirtschaft, die Schaffung eines privaten Wirtschaftssektors, für die Entwicklung von Konkurrenz und freier Initiative. Die neuen gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen auch den Ausbau der Kontakte mit dem Ausland und ausländische Kapitalinvestitionen in Albanien.

Wie Carcani weiter ausführte, soll das neue Grundgesetz auch Glaubensfreiheit, Freizügigkeit sowie die Bildung politischer Parteien und Organisationen garantieren. Die Wahlen zum Parlament würden frei und geheim unter Beteiligung mehrerer Parteien abgehalten werden.

Indessen haben Studenten und Professoren der Universität Tirana erneut eine Verschiebung der Parlamentswahlen verlangt. Die Demokratische Partei lehnt in dieser Frage jeden Kompromiß ab. Ihr Vertreter Sali Berisha sagte, wenn die Wahlen nicht verschoben würden, müßte die Demokratische Partei auf eine Teilnahme verzichten.

Mehrere tausend Bergarbeiter einer Kohlezeche bei Tirana, die mit der neugegründeten Partei sympathisieren, begannen einen Streik für Lohnerhöhungen.