Erotische Tiefflieger

Mein alter Mathematiklehrer liebte die Statistik über alles. Statistik, schwärmte er, sei nichts anderes als Mathematik mit einem kräftigen Schuß Kreativität. Mit der Statistik ließe sich alles anstellen. Er warnte uns eindringlich davor, irgendeiner Statistik auch nur den geringsten Glauben zu schenken. Im heutigen Medienzeitalter feiert die Statistik täglich Triumphe. Die Illustrierte 'Quick‘ bemüht z.B. fast jede Woche das Institut für Demoskopie Allensbach, um das Knuddel- und Paarungsverhalten der Deutschen zu untersuchen. So fanden sie heraus, daß für drei Viertel der Bundesbürger Schmusen „in“ ist. Das bunte Blättchen schließt daraus: „Wenn es nach den Psychologen geht, sind die Deutschen derzeit sehr ausgeglichen und glücklich.“ Während bundesweit 76 Prozent der Befragten sich zum Schmusen bekannten, waren es dem Bericht zufolge in Bayern noch mehr: Hier knuddeln 81 Prozent der Bürger gerne. Wie das Objekt der Schmusebegierde aussehen soll fanden die Demoskopen ebenfalls für die Illustrierte heraus: rothaarig muß SIE sein, einen Drei-Tage-Bart muß ER tragen. 51 Prozent nannten den Stoppel-Look „in“, östlich der Elbe gibt es mit 66 Prozent sogar einen noch größeren Zuspruch zum wilden Aussehen, das vor fünf Jahren noch „out“ war. Für jeden zweiten Befragten sind die als sinnlich geltenden Rothaarigen „in“. Bei den Frauen finden es sogar 65 Prozent wieder ganz interessant, ein „verruchtes Hexen-Image“ zu haben.

Diese Statistiken beweisen natürlich eindeutig, daß die Deutschen immer noch die langweiligen erotischen Tiefflieger sind, als die sie in Europa bekannt sind. Eine andere Statistik bestätigt ein anderes Vorurteil und zwar jenes, daß den französischen Menschen in Sachen Sex und Erotik niemand das Wasser reichen kann. Die meisten französischen Männer und Frauen finden Sex am Strand z.B. viel erotischer als im Bett. Das behauptet zumindest die Zeitschrift 'Elle‘, die eine entsprechende Umfrage durchführen ließ. Für die Liebe am Meeresgestade sprachen sich 31 Prozent der Befragten aus, dicht gefolgt von einer Gruppe von 30 Prozent, die sich für Sex im Bett oder „draußen in der Natur“ entschied. Es gab aber auch Minderheiten, wie die vier Prozent, die davon träumen, es in einem Fahrstuhl zu treiben oder drei Prozent, die die Küche oder das Büro vorziehen. Diese wichtigen Informationen würden uns alle durch die Lappen gehen, wenn es die Statistik nicht geben würde. Mein alter Mathematiklehrer wäre begeistert. Karl Wegmann